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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 6 S 1590/06
Rechtsgebiete: GG, GewO, StLG, LottStV, StGB


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GewO § 1
GewO § 6 Abs. 1 Satz 2
GewO § 14 Abs. 1 Satz 1
GewO § 14 Abs. 1 Satz 3
GewO § 15 Abs. 1
GewO § 146 Abs. 2 Nr. 1
StLG § 2 Abs. 1
LottStV § 5 Abs. 4
LottStV § 14 Abs. 1
StGB § 284 Abs. 1
Die Gemeinden des Landes Baden-Württemberg sind verpflichtet, die Anzeige des selbständigen Betriebs des stehenden Gewerbes "Vermittlung von Sportwetten" auch dann entgegenzunehmen und zu bescheinigen, wenn diese an private Veranstalter vermittelt werden sollen, die hierfür keine Erlaubnis des Landes besitzen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

6 S 1590/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Bescheinigung des Empfangs einer Gewerbeanzeige

hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 06. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Juni 2006 - 4 K 639/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Bescheinigung des Empfangs ihrer der Beklagten vorgelegten Gewerbeanzeige.

Am 01./10.10.2005 zeigte die Klägerin der Beklagten unter Verwendung eines entsprechenden - ordnungsgemäß ausgefüllten - amtlichen Vordrucks ("Gewerbe-Anmeldung") an, dass sie seit dem 01.10.2005 in der O. -straße 72 in H. eine Annahmestelle für die Vermittlung von Sportwetten betreibe.

Mit Schreiben vom 12.10.2005 teilte die Beklagte der Klägerin unter Rückgabe der Originalanzeige mit, dass diese nicht bestätigt werde, da es sich bei der angezeigten Tätigkeit um kein anmeldefähiges Gewerbe handele. So erfülle die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis nach wie vor den Straftatbestand des "illegalen Glücksspiels" und sei deshalb verboten. Privaten Gewerbetreibenden sei der Betrieb einer Wettannahmestelle im Land Baden-Württemberg nicht erlaubt. Eine im Ausland erteilte Erlaubnis habe hier keine Gültigkeit. Sollte mit der Sportwettenvermittlung gleichwohl begonnen werden, müsse die Klägerin mit einer Untersagung rechnen.

Mit Anwaltsschreiben vom 27.10.2005 wies die Klägerin darauf hin, dass die ihr entgegen der Gesetzeslage nicht bescheinigte Gewerbeanzeige lediglich den Sinn und Zweck habe, Sozialversicherungsträgern und Finanzbehörden Auskunft darüber zu erteilen, dass jemand eine bestimmte berufliche Tätigkeit in selbständiger Form aufnehme. Die Frage der Erlaubnisfähigkeit des entsprechenden Gewerbes werde hiervon nicht erfasst. Es gehe auch nicht um die Vermittlung von Sportwetten an ein bestimmtes Unternehmen, sondern zunächst nur darum, eine bestimmte Gewerbetätigkeit anzuzeigen. Ob die Vermittlung von Sportwetten an ein bestimmtes, in Deutschland nicht konzessioniertes Unternehmen zulässig sei, sei demgegenüber eine andere Frage. Dementsprechend hätten andere Bundesländer inzwischen ihre Rechtsauffassung geändert und nähmen entsprechende Gewerbeanzeigen entgegen. Es werde daher gebeten, ihr die Gewerbeanzeige nunmehr binnen einer Woche zu bescheinigen.

Mit weiterem Schreiben vom 02.11.2005 legte die Klägerin einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vor, in dem unter anderem ausgeführt wird, dass die Verweigerung der Empfangsbescheinigung nach § 15 Abs. 1 GewO auf Fälle beschränkt sei, in denen ohne eingehende und langwierige Prüfungen ohne weiteres erkennbar sei, dass das angezeigte Gewerbe generell nicht zulässig sei. Bereits die rund 27.000 Wettannahmestellen für die Staatliche Lotteriegesellschaft machten indessen deutlich, dass es sich bei der Vermittlung von Sportwetten nicht um eine ausnahmslos verbotene Tätigkeit handeln könne. Insofern habe sie einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Empfangsbescheinigung.

Mit Anwaltsschreiben vom 14.12.2005 wurde unter Hinweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.12.2005 in einer Parallelsache - 4 K 3339/05 -, demzufolge Gewerbeanzeigen zu bestätigen seien, um eine umgehende Entgegennahme der Gewerbeanzeige gebeten.

Unter dem 22.12.2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie vor Rechtskraft des übersandten Urteils keinen Grund sehe, ihre Rechtsauffassung zu ändern.

Am 23.01.2006 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erheben lassen, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Hierzu hat sie im Wesentlichen noch vortragen lassen, dass die nach § 15 Abs. 1 GewO zu erteilende Empfangsbescheinigung dem Gewerbetreibenden Gewissheit gebe, dass seine Anzeige bei der Behörde eingegangen sei; auch werde ihm der Nachweis ermöglicht, tatsächlich eine Anzeige erstattet zu haben. Eine weitergehende Bedeutung komme der Bescheinigung nicht zu. Zurückgewiesen werden dürfe eine Gewerbeanzeige nur dann, wenn diese entweder unvollständig oder formell fehlerhaft sei oder es sich bei der angezeigten Tätigkeit um kein selbständiges Gewerbe handele. Dies sei lediglich der Fall, wenn eine generell verbotene Tätigkeit ausgeübt werden solle. Auch die Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten genieße indes grundrechtlichen Schutz nach Art. 12 Abs. 1 GG. Das von ihr ausgeübte Gewerbe wäre selbst dann nicht generell verboten, wenn das im Bereich der Sportwetten geltende Staatsmonopol nicht verfassungs- und europarechtswidrig sein sollte, wovon allerdings auszugehen sei. Da ein Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Regelungen aufgrund des Anwendungsvorrangs zu einer Unanwendbarkeit des § 284 StGB führe, könne auch insofern von einer generell verbotenen Tätigkeit nicht ausgegangen werden.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass das Veranstalten bzw. Vermitteln von Glücksspiel für Private in Baden-Württemberg generell verboten sei; dies sei inzwischen nicht nur durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, sondern auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 bestätigt worden. Auch eine Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts sei nicht ersichtlich. Gemäß § 5 Abs. 4 des Lotteriestaatsvertrags sei für die hier in Rede stehende Art von Glücksspielen eine Erlaubniserteilung an nichtstaatliche Betreiber generell nicht möglich. Insofern stehe schon kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung in Rede. Wenn die begehrte Bescheinigung auch keine Erlaubnis ersetze, erwecke sie doch den unzutreffenden Anschein einer legalen Gewerbeausübung, den es zu vermeiden gelte. Dies gelte umso mehr, als damit zu rechnen sei, dass eine Entgegennahme der Anzeige ihr in einem späteren Untersagungsverfahren als widersprüchliches Verhalten ausgelegt werde.

Mit Urteil vom 09.06.2006 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte verurteilt, der Klägerin den Empfang ihrer Gewerbeanzeige zu bescheinigen. Dies wurde unter Bezugnahme auf das bereits am 01.12.2005 ergangene Urteil in der Parallelsache damit begründet, dass der Klägerin auch die erforderliche Klagebefugnis zur Seite stehe; so werde die Empfangsbescheinigung im Interesse des Gewerbetreibenden erteilt. Diese habe die Funktion, ihm die Möglichkeit zu geben, jederzeit - auch im Hinblick auf den Ordungswidrigkeitentatbestand des § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO - die ordnungsgemäße Anzeigeerstattung nachzuweisen. Die Klägerin habe nach § 15 Abs. 1 GewO auch einen Anspruch auf Erteilung einer solchen Empfangsbescheinigung. Da die formellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Gewerbeanzeige nach § 14 GewO nicht in Frage gestellt worden seien, wäre die Beklagte nur dann berechtigt gewesen, die Bescheinigung hierüber zu verweigern, wenn die angezeigte Tätigkeit schon kein Gewerbe darstellte oder aber keine selbständige Tätigkeit ausgeübt werden solle. Zwar sei allgemein anerkannt, dass die Empfangsbescheinigung auch dann verweigert werden dürfe, wenn eine generell unerlaubte Tätigkeit angezeigt werde, wobei es sich dann begrifflich schon um kein Gewerbe handelte, doch finde im Anzeigeverfahren keine Prüfung statt, ob der Gewerbetreibende zur Ausübung des angezeigten Gewerbes berechtigt sei. Von einem generell und ausnahmslos verbotenen Gewerbe könne bei der Veranstaltung von Glücksspielen jedoch nicht ausgegangen werden, wie sich bereits den §§ 14 Abs. 2, 33h GewO entnehmen lasse. Insofern könne offen bleiben, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen Regelungen des Gemeinschaftsrechts auf die Handhabung des Erlaubnistatbestandes hätten bzw. ob die aktuelle Monopolisierung mit Gemeinschaftsrecht generell unvereinbar sei. Auch das Bundesverfassungsgericht habe im Übrigen bestätigt, dass auch die hier in Rede stehende Tätigkeit in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG falle. Da die Erteilung einer Eingangsbestätigung gesetzlich vorgesehen und vorgeschrieben sei und nach allgemeiner Verwaltungspraxis auf dem ersten Durchschlag des Vordrucks vorgenommen werde, könne der Klägerin auch nicht mit der Erwägung das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, dass bereits aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 12.10.2005 hinreichend dokumentiert sei, dass sie eine Anzeige abgesandt habe.

Gegen das ihr am 14.06.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.07.2006 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Diese ist am 12./24.07.2006 damit begründet worden, dass sie berechtigt sei, die begehrte Empfangsbescheinigung zu verweigern, da es sich um die Anzeige einer generell nicht erlaubten Tätigkeit handele. Dies sei ohne weitere Prüfung bereits aufgrund der Angabe "Sportwettvermittlung" in Feld Nr. 15 der Gewerbe-Anmeldung ersichtlich. Eine "gewerberechtliche Legalisierung" verbiete sich schon deshalb, weil der Klägerin letztlich keine Erlaubnis erteilt werden könne. Vor diesem Hintergrund wäre es widersprüchlich, wenn sie den Empfang der Anzeige gleichwohl zu bescheinigen hätte. Im Übrigen sei auch ohne die Übersendung einer Empfangsbescheinigung der mit einer solchen verfolgte Zweck erreicht. Insofern fehle der Klägerin auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Juni 2006 - 4 K 639/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu trägt sie im Wesentlichen noch vor, dass spätestens mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 geklärt sei, dass es sich bei der Vermittlung von Sportwetten um einen legitimen und im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG anerkannten Beruf handele. Danach handele es sich ersichtlich nicht um eine grundsätzlich unzulässige Tätigkeit, welche zur Verweigerung der Empfangsbescheinigung berechtige. Die Vermittlung von Sportwetten könne schon deshalb nicht pauschal als illegal angesehen werden, da auch die Betreiber zahlreicher Lottoannahmestellen, die Sportwetten an die staatlich konzessionierten Veranstalter vermittelten, andernfalls illegal und rechtswidrig handelten. Im Übrigen bewirke die Beklagte mit ihrem Verhalten exakt das Gegenteil dessen, was Sinn und Zweck der Gewerbeanzeige sei.

Mit Verfügung vom 23.10.2006 wurde der Klägerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten untersagt. Auf ihren Antrag hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 20.12.2006 - 4 K 4267/06 - die aufschiebende Wirkung ihrer hiergegen gerichteten Klage wiederhergestellt; die vom Antragsgegner eingelegte Beschwerde ist vom Senat mit Beschluss vom 06.02.2007 - 6 S 108/07 - zurückgewiesen worden.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassene Berufung der Beklagten ist statthaft und auch sonst zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage auf Erteilung einer Bescheinigung über die erstattete Gewerbeanzeige zu Recht stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass sie die Aufnahme des Gewerbes "Sportwettvermittlung" zum 01.10.2005 angezeigt hat.

Die hierauf gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der vorherigen Durchführung eines Vorverfahrens (vgl. § 68 Abs. 1 VwGO) bedurfte es nicht. Die begehrte Bescheinigung dient allein dem Nachweis, dass der Gewerbetreibende seiner Anzeigepflicht nachgekommen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.06.1971, GewArch 1972, 10); eine weitergehende Regelungswirkung und damit der Charakter eines Verwaltungsakts kommt weder der Bescheinigung noch deren Ablehnung zu (vgl. Friauf/Heß, GewO <Juni 2007>, § 15 Rn. 4; Erlass des Wirtschaftsministeriums v. 09.09.2004 - 1.4412.2/ 112 -; a.A. Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO <2006>, § 15 Rn. 7; Tettinger/Wank, GewO, 7. A. 2004, § 15 Rn. 6).

Für die Erhebung der Klage steht der Klägerin auch das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Ausstellung der gesetzlich vorgeschriebenen Bescheinigung fehlt nicht etwa deshalb, weil bereits das Schreiben der Beklagten vom 12.10.2005, in dem auf das Verbotensein der angezeigten Tätigkeit hingewiesen und eine Bestätigung der Anzeige ausdrücklich verweigert wurde, bzw. die zurückgegebene, mit einem Eingangsstempel versehene Originalanzeige als Bestätigung ihres Eingangs ausgelegt werden könnte (a.A. Bay VGH, Urt. v. 06.12.2006, GewArch 2007, 117; vgl. auch Urt. v. 16.02.2007 - 22 B 06.1806 -). Ein Interesse der Klägerin an einer ordnungsgemäßen Bescheinigung besteht schon deshalb fort, weil auch bei einer entsprechenden Auslegung der Verdacht eines ordnungswidrigen Verhaltens (vgl. § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO) und eines Verstoßes gegen ihre Pflichten als Gewerbetreibende (vgl. § 35 Abs. 1 GewO) nicht gänzlich ausgeräumt wäre. Nach § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO stellt bereits die nicht richtige, nicht vollständige oder nicht rechtzeitige Erstattung einer Anzeige nach § 14 Abs. 1 bis 3 GewO ein ordnungswidriges Verhalten dar. Das vorerwähnte Schreiben der Beklagten, mit dem allenfalls der Zeitpunkt des Eingangs der Gewerbeanzeige bestätigt wäre, sagt indes nichts darüber aus, ob auch die darüber hinausgehenden Anforderungen erfüllt sind.

Ebenso wenig ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis deshalb zu verneine, weil der Klägerin inzwischen die (weitere) Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - untersagt wurde; denn insoweit hat das Verwaltungsgericht mit - inzwischen rechtskräftig gewordenem - Beschluss vom 20.12.2006 die aufschiebende Wirkung der hiergegen gerichteten Klage wiederhergestellt.

Die Klägerin hat, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, auch in der Sache einen - bisher auch nicht durch Erfüllung (vgl. § 362 Abs. 1 BGB) erloschenen - Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigung.

Nach § 14 Abs. 1 GewO obliegt dem Gewerbetreibenden bei Eröffnung des selbständigen Betriebs eines stehenden Gewerbes dessen Anzeige an die Gemeinde als hierfür zuständige Behörde (vgl. §§ 1, 8 Abs. 1 Nr. 1 GewOZuVO), die hierauf gemäß § 15 Abs. 1 GewO innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige zu bescheinigen hat. Auf die Ausstellung dieser Bescheinigung hat der Gewerbetreibende, sofern er nicht ausdrücklich hierauf verzichtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.06.1971, a.a.O.), bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen subjektiven Rechtsanspruch (vgl. Friauf/Heß, a.a.O., § 15 Rn. 4; Tettinger/Wank, a.a.O., § 15 Rn. 5), da die Bescheinigung dazu dient, ihm den Nachweis der Erfüllung der Verpflichtung gemäß § 14 Abs. 1 GewO zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.06.1971, a.a.O.).

Nach der ausdrücklichen Regelung in § 14 Abs. 2 GewO gilt die Anzeigepflicht nach Abs. 1 dieser Vorschrift - und damit korrespondierend auch die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung - auch für den Fall des Handels mit Losen von Lotterien und Ausspielungen und für den Betrieb von Wettannahmen aller Art. Nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die auf dem Änderungsgesetz vom 05.02.1960 (BGBl. I S. 61) beruht (zur Entstehungsgeschichte vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, BVerwGE 126, 149; Marcks, a.a.O., § 14 Rn. 49 sowie BT-Drucks. III/318 S.14), steht diese in systematischem Zusammenhang mit der Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO, wonach die Gewerbeordnung auf den Vertrieb von Lotterielosen nur insoweit Anwendung findet, als das Gesetz hierfür ausdrückliche Bestimmungen enthält, und dient dem Zweck, den in § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO von der Geltung der Gewerbeordnung ausgenommenen Handel mit Lotterielosen zumindest der Anzeigepflicht gemäß § 14 Abs. 1 GewO zu unterwerfen. Die insoweit einschlägige Formulierung in § 14 Abs. 2 GewO weicht allerdings teilweise von der in § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO ab, geht insbesondere über diese insoweit hinaus, als in § 14 Abs. 2 GewO als anzeigepflichtiges Gewerbe - neben dem Handel mit Lotterielosen - auch Wettannahmen aller Art genannt werden, die in § 6 Abs. 2 GewO keine (ausdrückliche) Erwähnung finden. Welche Bedeutung diesem Umstand zukommt, ob insbesondere im Rahmen der Regelung des § 14 Abs. 2 GewO die bloße Erwähnung des Handels mit Lotterielosen genügt hätte, wie Marcks (a.a.O., § 14 Rn. 49) annimmt, kann hier dahinstehen. Denn § 14 Abs. 2 GewO ist jedenfalls eindeutig zu entnehmen, dass sich die Anzeigepflicht - und damit korrespondierend auch die Verpflichtung zur Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 GewO - auch auf die hier streitigen Wettannahmestellen bezieht, da nach dem Sprachgebrauch des damaligen Gesetzgebers - wie sich aus den Gesetzesmaterialien unter Hinweis auf die zivilrechtliche Literatur ausdrücklich ergibt (vgl. BT-Drucks. III/318 S. 14) -, der Begriff "Vertrieb von Lotterielosen" auch die Wettannahmestellen erfasst (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, a.a.O., Rn. 39).

Für die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 2 GewO gilt allerdings - nicht anders als bei Abs. 1 -, dass diese an den Begriff des Gewerbes in § 1 GewO anknüpft und damit zur Voraussetzung hat, dass es sich bei der angezeigten Tätigkeit überhaupt um ein Gewerbe im Sinn der Gewerbeordnung handelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1993, GewArch 1993, 196). Dies ist nicht der Fall, wenn die angezeigte Tätigkeit auf eine generell verbotene, bzw. sozial unwertige, den allgemein anerkannten sittlichen und moralischen Wertvorstellungen zuwiderlaufende Betätigung hinausläuft (vgl. hierzu Marcks, a.a.O., § 14 Rn. 13; Tettinger/Wank, a.a.O., § 1 Rn. 33, 35). Die rechtliche Beurteilung hierüber obliegt - innerhalb des relativ kurzen Zeitraums von drei Tagen - zwar zunächst der Verwaltungsbehörde, die die Anzeige entgegengenommen hat. Hierbei sind jedoch die in der Rechtsordnung vorgegebenen objektiven Maßstäbe zu Grunde zu legen. Dass, wie die Beklagte meint, bei der rechtlichen Einschätzung vorrangig auf den Empfängerhorizont, mithin auf die Beurteilung der die Anzeige entgegennehmenden Behörde abzustellen sei, trifft daher so nicht zu.

Im Falle der Klägerin besteht keine Veranlassung, die von ihr angezeigte gewerbliche Betätigung von vornherein aus dem Geltungsbereich der Gewerbeordnung auszuscheiden, zumal bei der Entscheidung darüber, ob eine beabsichtigte Tätigkeit als verboten bzw. sozial unwertig einzustufen ist, auf die Tätigkeit als solche und nicht nur auf eine bestimmte Ausübungsform abzustellen ist (vgl. Tettinger/Wank, a.a.O., § 1 Rn. 34). Denn die geltende Rechtsordnung kennt, wie das Bundesverfassungsgericht bereits im Urteil vom 28.03.2006 (NJW 2006, 1261) festgestellt hat, die Durchführung und Vermittlung von Sportwetten als rechtlich erlaubte Betätigung (vgl. auch § 14 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland <GBl. BW 2004, 274> i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Staatslotteriegesetzes vom 14.12.2004 <GBl. BW S. 894>). Für den Teilbereich der Pferdewetten sind schließlich aufgrund des Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 08.04.1922 (i.d.F. des Gesetzes vom 24.08.2002, BGBl. I S. 2412) und den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen (i.d.F. vom 21.08.2002, BGBl. I S. 3322) Sportwetten bundesrechtlich zugelassen und der Beruf des Buchmachers auch privaten Veranstaltern von Sportwetten eröffnet. Zudem ist in Einzelfällen durch Erteilung einer Erlaubnis auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR zumindest mit Wirkung innerhalb der ehemaligen DDR (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, a.a.O.) auch allgemein die Möglichkeit zur Veranstaltung und der Vermittlung von Sportwetten eröffnet worden. Hiervon abgesehen geht die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zwar weit überwiegend davon aus, dass wegen Fehlens der insoweit erforderlichen Erlaubnis die hier allein in Rede stehende Vermittlung von Sportwetten - abgesehen von Pferdewetten - an private Veranstalter nach der mit Verfassungs- und europäischem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Gesetzeslage derzeit verboten ist, und hat auch der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. Beschl. v. 28.07.2006, VBlBW 2006, 424, Beschl. v. 29.03.2007 - 6 S 1972/06 -) diese Ansicht geteilt. Diese Einschätzung ist aber auch in der Rechtsprechung nicht unumstritten (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 04.04.2007 - 3 W 18/06-; Schleswig-Holst. OVG , Beschl. v. 02.01.1077 - 3 MB 38/06 -). Die hierauf abzielende Tätigkeit der Klägerin kann danach nicht generell und ausnahmslos als verboten oder sozial unwertig eingestuft werden, zumal das derzeitige Staatsmonopol im Bereich der Sportwetten verfassungs- und gemeinschaftsrechtlich nur unter der Voraussetzung aufrechterhalten werden kann, dass das Land seine eigene Betätigung in diesem Sektor konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Spielleidenschaft ausrichtet (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.; EuGH, Urt. v. 06.11.2003, NJW 2005, 139). Eine Feststellung dahin, dass Annahme und Vermittlung von Sportwetten generell und ausnahmslos verboten oder sozial unwertig seien und eine Betätigung dieser Art den Bestimmungen der Gewerbeordnung von vornherein nicht unterfiele, lässt sich sonach nicht treffen, zumal nicht mit der in diesem Zusammenhang gebotenen Eindeutigkeit.

Der vorgenannten Einschätzung, dass die von der Klägerin angezeigte Betätigung nicht generell und ausnahmslos verboten sei, entspricht im Übrigen auch, dass der Gesetzgeber mit Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 17.05.2002, BGBl. I S. 715) im Rennwett- und Lotteriegesetz (vgl. § 17) für im Inland veranstaltete öffentliche Oddset-Wetten, die nicht Rennwetten nach diesem Gesetz sind, einen eigenen Steuertatbestand und insoweit auch eine spezielle Anzeigepflicht des Veranstalters (vgl. § 31a der Ausführungsbestimmungen) und der die Erlaubnis erteilenden Behörde geschaffen hat.

Hiernach war die Beklagte nicht befugt, der Klägerin - entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 15 Abs. 1 GewO - die Erteilung einer (ordnungsgemäßen) Bescheinigung über ihre Anzeige des Gewerbes "Sportwettvermittlung" vorzuenthalten. Ob die Beklagte zur Erteilung der begehrten Bescheinigung bereits deshalb verpflichtet gewesen wäre, weil die beabsichtigte Gewerbeausübung in der Anzeige nur allgemein umschrieben war und auch eine Auslegung dahin zuließ, dass - was insoweit unbedenklich wäre (vgl. § 14 LottStV) - eine Vermittlung von Sportwetten an den (im Staatslotteriegesetz allein vorgesehenen) öffentlich-rechtlichen Veranstalter beabsichtigt sei, kommt es danach nicht mehr an. Denn selbst wenn man, was nach den Umständen nahe lag, die Gewerbeanzeige - wie die Beklagte - dahin verstünde, dass sie sich ausschließlich auf die Vermittlung von Sportwetten an private Veranstalter bezog, kann aus den genannten Gründen nicht von vornherein von einer generell unerlaubten bzw. sozial unwertigen Betätigung gesprochen werden.

Der von der Beklagten noch geltend gemachte Umstand, dass es den unzutreffenden Anschein einer legalen Gewerbeausübung zu vermeiden gelte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ein solcher Rechtsschein, wie er auch im Erlass des Wirtschaftsministeriums vom 09.09.2004 (a.a.O.) befürchtet wird, wird allein durch die Bescheinigung über die Entgegennahme einer Gewerbeanzeige ersichtlich nicht erzeugt. Vielmehr dient die Anzeigepflicht für die beabsichtigte Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit u. a. gerade dazu, bei deren Unzulässigkeit entsprechende Maßnahmen zu ermöglichen. Im übrigen ist die Behörde bei Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 GewO nicht gehindert, diese Rechtslage in einem der Bescheinigung beigefügten Hinweis nochmals ausdrücklich zu verdeutlichen, was in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 01.07.2004 (GABl. S. 576) unter Ziff. 6.3 auch vorgesehen ist.

Der in § 15 Abs. 1 GewO begründeten Verpflichtung, die nach § 14 Abs. 1 GewO erstattete Anzeige der Klägerin zu bescheinigen, ist die Beklagte bisher nicht nachgekommen, so dass der dahingehende Anspruch der Klägerin auch nicht durch Erfüllung (vgl. § 362 Abs. 2 BGB; hierzu BayVGH, Urt. v. 16.02.2007 - 22 B 06.1806 -; Urt. v. 06.12.2006 - 22 BV 06.2631 -, GewArch 2007, 117) erloschen ist. Denn das Schreiben der Beklagten vom 12.10.2005 erfüllt - wie ausgeführt - schon nicht die formalen Anforderungen der in § 15 Abs. 1 GewO vorgeschriebenen Bescheinigung. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass die Beklagte nicht den für eine Empfangsbescheinigung gemäß § 15 GewO in Ziff. 6.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums vom 01.07.2004 (a.a.O.) vorgesehenen amtlichen Vordruck verwendet hat, da es sich insoweit um keine normative Regelung handelt (vgl. BayVGH, Urt. v. 16.02.2007, a.a.O.). Das Schreiben erfüllt indessen, wie bereits dargelegt, auch inhaltlich nicht die an eine Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 GewO zu stellenden Anforderungen, welche sich - aufgrund des insoweit bestehenden systematischen Zusammenhangs - aus § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO ergeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss vom 06. Juni 2007

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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