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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 20.08.2009
Aktenzeichen: 6 S 54/09
Rechtsgebiete: RennwLottG, AusfBest RennwLottG, LVwVfG


Vorschriften:

RennwLottG § 2 Abs. 1
RennwLottG § 2 Abs. 2
AusfBest RennwLottG § 3
LVwVfG § 49 Abs. 2
Der Widerruf einer unter Widerrufsvorbehalt erteilten Buchmacherkonzession kann in Betracht kommen, wenn der Buchmacher in seinen Geschäftsräumen unerlaubt Sportwetten vermittelt, obwohl ihm bestandskräftig die Ausübung eines anderen Gewerbes in denselben Räumen untersagt wurde.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

6 S 54/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerrufs der Buchmacherkonzession

hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 20. August 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04. Dezember 2008 - 7 K 3073/08 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsgegner in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben dem Senat keine Veranlassung, abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 19.09.2008 anzuordnen und wiederherzustellen, abzulehnen.

Der Antragsgegner erteilte der Antragstellerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, am 30.11.2006 gemäß § 2 Abs. 1 und 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 08.04.1922 (RGBl. I S. 393, im Folgenden: RennwLottG) i.V.m. §§ 3 und 6 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz vom 16.06.1922 (Zentralblatt für das Deutsche Reich 1922 S. 351, im Folgenden: AusfBestRennwLottG), jeweils in der Fassung des Zweiten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 16.12.1986 (BGBl. I S. 2441), und i.V.m. § 1 der Verordnung des Ministeriums für ländlichen Raum, Landwirtschaft und Forsten Baden-Württemberg vom 22.07.1987 (GBl. S. 306) vorbehaltlich jederzeitigen entschädigungslosen Widerrufs (insbesondere für den Fall, dass sich die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit der Vermittlung von Pferdewetten ins Ausland ändern sollte) sowie vorbehaltlich einer nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage und unbeschadet privater Rechte Dritter die bis zum 31.08.2009 befristete Erlaubnis zur Ausübung des Buchmachergewerbes im Wettbüro xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx. Zuvor hatte - nach dem unbestrittenen Vorbringen der Antragstellerin - seit 1999 die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxx eine Buchmacherkonzession inne. Die xxxxxxxxxxxxxxx wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 28.12.2004 mit zwei weiteren Gesellschaften zur Antragstellerin verschmolzen.

Das Polizeirevier xxxxxxxxxxx teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 03.04.2007 - das am 10.04.2007 dort einging - mit, dass im Betrieb xxxxxxxxx xxxx in xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx nach Mitteilung der angetroffenen Angestellten Sportwetten entgegengenommen werden und Wettprogramme und Wettscheine für Sportwetten auslagen. Mit Verfügung vom 23.05.2008 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin daraufhin, in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Den hiergegen gerichteten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 25.08.2008 (7 K 1723/08) ab. Die Beschwerde der Antragstellerin hiergegen wies der Senat mit Beschluss vom 11.12.2008 (6 S 2587/08) zurück.

Mit der streitigen Verfügung vom 19.09.2008 widerrief der Antragsgegner die Buchmacherkonzession der Antragstellerin vom 30.11.2006 (Ziff. I), gab ihr auf, die mit der Erlaubnis verbundene Tätigkeit spätestens mit Ablauf des 14. Tages nach Zustellung des Bescheides einzustellen und die Einstellung der Tätigkeit dem Regierungspräsidium schriftlich mitzuteilen (Ziff. II), verfügte, dass die Buchmacherkonzession mit allen Urkunden spätestens bis zum dritten Tag nach Ablauf der unter Nr. II genannten Frist an das Regierungspräsidium zurückzugeben ist (Ziff. III), ordnete die sofortige Vollziehung von Nrn. I bis III an (Ziff. IV), drohte der Antragstellerin für den Fall, dass sie ihren Verpflichtungen aus Nr. II der Verfügung nicht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- EUR an, wobei die Mitteilung über die Einstellung der Tätigkeiten dem Regierungspräsidium innerhalb der Frist zugehen müsse (Ziff. V) und drohte für den Fall, dass die Urkunden innerhalb der unter Nr. III genannten Frist nicht zurückgegeben werden, ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- EUR an (Ziff. VI). Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen die Nrn. I bis III dieses Bescheids wiederhergestellt und gegen die Nrn. V und VI des Bescheides angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides feststellen lasse und dass die deshalb vorzunehmende Interessenabwägung ein überwiegendes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ergebe.

Ohne Erfolg wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde dagegen, dass das Verwaltungsgericht von offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ausgegangen ist. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der angefochtene Bescheid weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig ist. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die der Antragstellerin mit Bescheid vom 30.11.2006 erteilte Buchmacherkonzession bei ihrem Erlass rechtmäßig war und deshalb auf den Widerruf § 49 Abs. 2 LVwVfG Anwendung findet. Der Antragsgegner greift das mit der Beschwerde nicht an. Er hat den Widerrufsbescheid auf § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 LVwVfG gestützt. Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf danach, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG) oder wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVwVfG). Der Widerruf ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche den Widerruf eines Verwaltungsakts rechtfertigen, nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig (§ 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 LVwVfG). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, lässt sich gegenwärtig nicht abschließend beurteilen.

Zu Recht und von der Beschwerde nicht angegriffen hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss angenommen, dass der Widerruf aufgrund des nach § 2 Abs. 2 Satz 3 RennwLottG zulässigen Widerrufsvorbehalts nicht schon deshalb jederzeit und ohne Weiteres ausgesprochen werden darf, weil weitere tatbestandliche Voraussetzungen für die Anordnung des Widerrufs in dem der Erlaubnis beigefügten Widerrufsvorbehalt nicht genannt worden sind. Zwar dürfte sich - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - trotz der tatbestandlichen Weite des Widerrufsvorbehalts aus diesem eine Befugnis des Antragsgegners zum Widerruf ergeben. Denn der Widerrufsvorbehalt ist, da er von der Antragstellerin seinerzeit nicht mit Rechtsmitteln angegriffen worden und nicht erkennbar nichtig ist, bestandskräftig geworden. Diese Bestandskraft des Widerrufsvorbehalts muss die Antragstellerin gegen sich gelten lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 21.11.1986, NVwZ 1987, 498, 499; VGH Bad.-Württ., Urt. vom 18.03.1991, NVwZ-RR 1992, 543; Beschl. vom 06.11.1989, NVwZ 1990, 482; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 49 Rn. 40). Jedoch muss der Antragsgegner sein Widerrufsermessen nach § 49 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG pflichtgemäß ausüben. Der Widerruf muss sich im Rahmen des gesetzlichen Zwecks der Ermächtigungsgrundlage halten und außerdem durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Der Widerruf darf zudem nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 18.03.1991, a.a.O.; Beschl. vom 06.11.1989, a.a.O.; Urt. vom 18.10.1988 - 8 S 2241/88 -, juris Rn. 20, m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 49 Rn. 35). Der Widerruf einer Erlaubnis zur Ausübung eines Gewerbes ist das am meisten eingreifende, die Berufsfreiheit am stärksten einschränkende und damit den Betroffenen am meisten beschwerende Mittel. Es darf daher nicht angewandt werden, wenn der Behörde ein anderes geeignetes, jedoch weniger schwerwiegendes Mittel zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Urt. vom 16.09.1975, BVerwGE 49, 160, 168).

Nach § 3 AusfBestRennwLottG darf als Buchmacher nur zugelassen werden, wer den Nachweis erbringt, dass er seiner Person nach die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung bietet und die zur Ausübung des Buchmachergewerbes erforderliche kaufmännische Befähigung besitzt. Das Verwaltungsgericht ist insoweit davon ausgegangen, dass - vergleichbar dem Begriff der Zuverlässigkeit im Gewerberecht, der in Bezug auf das zu untersagende Gewerbe und nicht in Bezug auf Gewerbe allgemein zu bestimmen sei - die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung in Bezug auf die Tätigkeit als Buchmacher bestehen müsse; mit Gewähr wiederum sei die Zuverlässigkeit und Befähigung des Buchmachers gemeint. Hiergegen wendet sich vor allem die Beschwerde des Antragsgegners. Er bringt vor, es sei unzutreffend, dass die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden allein im Hinblick auf das untersagte Gewerbe zu bestimmen sei, dass durch die Vermittlung von Sportwetten und Pferdewetten in denselben Räumlichkeiten der Eindruck eines einheitlichen Gewerbes vermittelt werde und dass daher aus der Vermittlung unerlaubter Sportwetten auf die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin für das Buchmachergewerbe geschlossen werden könne; zudem seien auch Verstöße gegen Vorschriften und Auflagen bei der Ausübung des Buchmachergewerbes vorgekommen. Geht man - wie das Verwaltungsgericht und die Beteiligten - von der Anwendung allgemeiner gewerberechtlicher Grundsätze zur Unzuverlässigkeit von Gewerbetreibenden aus, so muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - wenn es sich um die Untersagung des ausgeübten Gewerbes nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO, nicht um eine erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO handelt - die Unzuverlässigkeit auf das tatsächlich ausgeübte Gewerbe beziehen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 11.11.1996, GewArch 1997, 68; Beschl. vom 24.10.1969, GewArch 1970, 10; Urt. vom 05.08.1965, GewArch 1966, 9, 10; je m.w.N.). Die Tatsachen, die die gewerbliche Unzuverlässigkeit begründen, brauchen jedoch nicht bei Ausübung des untersagten Gewerbes eingetreten zu sein. Es kommt darauf an, ob sich die betreffenden Tatsachen auf die ordnungsgemäße Führung des in Rede stehenden Gewerbes auswirken (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.12.1994, GewArch 1995, 159, m.w.N.; Urt. vom 02.02.1982, GewArch 1982, 233, 234; Urt. vom 20.11.1970, GewArch 1971, 67, 68; Brüning, in: Pielow, GewO, 2009, § 35 Rn. 22; Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl. 2004, § 35 Rn. 28).

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, mögen hier tatsächlich nicht unerhebliche Gesichtspunkte für Mängel bei der Ausübung des Buchmachergewerbes sprechen. Bei der Kontrolle des Wettbüros der Antragstellerin am 04.09.2008 war das Wettbüro nicht durch ein Firmenschild kenntlich gemacht, das den Vor- und Zunamen des Geschäftsinhabers mit dem Zusatz "Buchmacher" trägt. Die Antragstellerin stellt dies nicht in Abrede. Dadurch hat die Antragstellerin gegen eine Auflage aus der ihr erteilten Erlaubnis vom 30.11.2006 verstoßen. Bei dieser Kontrolle wurde ausweislich des hierüber erstellten Vermerks des Regierungspräsidiums zudem festgestellt, dass nur die Angestellte xxxxxxxxx anwesend war, die keine Buchmachergehilfenerlaubnis hatte, Wetten für die Antragstellerin entgegennahm und angab, seit Mai 2008 für die Antragstellerin tätig zu sein. Fraglich ist jedoch, ob diese Verstöße so schwer wiegen, dass sie die mangelnde Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung belegen und einen Widerruf der Buchmacherkonzession rechtfertigen können, oder ob insoweit zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Ausübung des Buchmachergewerbes nicht weniger einschneidende, gleich geeignete Maßnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Die Antragstellerin macht die Unverhältnismäßigkeit des Widerrufs geltend und trägt insoweit vor, dass sie in der Filiale in der xxxxxxxxxxxxxxx zwei Vollzeit- und fünf Aushilfskräfte beschäftige und in einem Zeitraum von fünf Monaten im Jahr 2008 einen Umsatz von 622.558.-- EUR und einen Gewinn von 119.224.-- EUR erzielt habe; daraus ergebe sich ein geschätzter Jahresumsatz von 1,5 Mio. EUR und ein geschätzter Jahresgewinn von 286.137.-- EUR. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht im Hinblick hierauf angenommen, das Regierungspräsidium dürfte es versäumt haben, sich in seiner Entscheidung hinreichend mit den personellen und wirtschaftlichen Folgen des Widerrufs auseinanderzusetzen, und darauf hingewiesen, dass die Buchmachererlaubnis zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung nur noch eine Geltungsdauer von ca. zehneinhalb Monaten hatte. Mit der Beschwerde hat der Antragsgegner insoweit im Wesentlichen nur vorgetragen, spezielle Konsequenzen für den Betrieb der Antragstellerin seien auf die Anhörung nicht vorgetragen worden und seien auch nicht zwangsläufig ersichtlich, da in diesem Bereich eine hohe personelle Fluktuation vorherrsche, wie das Regierungspräsidium auch aus anderen Verfahren wisse. Damit ist die vom Verwaltungsgericht betonte Notwendigkeit, in der Ermessensentscheidung die Folgen des Widerrufs zu berücksichtigen, nicht ernstlich in Frage gestellt. Aus der Verwaltungsakte ergibt sich bereits, dass das Regierungspräsidium mit der Buchmacherkonzession vom 30.11.2006 fünf Personen eine Buchmachergehilfenerlaubnis für das Wettbüro in der xxxxxxxxxxxxxxx in xxxxxxxxxxxx erteilte und die xxxxxxxxxxxxxxx für vier von diesen mit Schreiben vom 21.02.2003 die Verlängerung der Buchmachergehilfenerlaubnisse beantragte. Die Antragstellerin und zuvor die xxxxxxxxxxxxxx scheinen mithin über mehrere Jahre mit einem relativ festen Mitarbeiterstamm gearbeitet zu haben. Auch ohne besonderen Vortrag in der Anhörung war daher erkennbar, dass der Widerruf nicht unerhebliche personelle Konsequenzen haben würde und im Hinblick auf die genannten Verstöße mildere, gleich geeignete Maßnahmen ernsthaft zu prüfen gewesen wären. Es ist jedoch weder mit der Beschwerde dargetan noch sonst ersichtlich, aus welchen Gründen im Hinblick auf die genannten Verstöße behördliche Anordnungen, die die Einhaltung der Auflagen aus der Erlaubnis vom 30.11.2006 sicherstellen, und nachträgliche Auflagen nicht ausreichen sollen, um eine ordnungsgemäße Ausübung des Buchmachergewerbes durch die Antragstellerin zu gewährleisten. Das gilt auch, soweit der Antragsgegner geltend macht, bei der Kontrolle am 04.09.2008 habe ein Hinweis auf den Minderjährigenschutz an der Eingangstür oder im Wettbüro gefehlt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Hinweis der Antragstellerin in Nr. 12 der Nebenbestimmungen zur Erlaubnis vom 30.11.2006, auf die der Antragsgegner Bezug nimmt, ausdrücklich aufgegeben wurde.

Im Hinblick auf die einwandfreie Geschäftsführung im Buchmachergewerbe kann ebenfalls von Bedeutung sein, dass die Antragstellerin in ihren Geschäftsräumen Sportwetten vermittelt hat. Die Antragstellerin hat vorgetragen, als konzessionierter Buchmacher sei ihr - wie allen anderen Buchmachern in Deutschland - angesichts des konkurrierenden staatlichen Sportwettenangebots zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz nichts anderes übrig geblieben, als auch Sportwetten anzubieten. Jedoch dürfen nach der bestandskräftigen Nebenbestimmung Nr. 3 der Erlaubnis vom 30.11.2006, die zum Abschließen und Vermitteln von Pferdewetten berechtigt, in den Räumen der Antragstellerin in der xxxxxxxxxxxxxxx in xxxxxxxxxxx andere Gewerbe nicht ausgeübt werden. Auf die vor allem von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob das Vermitteln von Sportwetten illegal ist und ob das durch den Glücksspielstaatsvertrag begründete Sportwettenmonopol verfassungsgemäß und europarechtskonform ist, kommt es daher im Hinblick auf die Beurteilung der Zuverlässigkeit möglicherweise ebenso wenig an wie auf die Frage, in welchem Verhältnis die Tätigkeiten der Vermittlung von Sportwetten und des Abschließens und Vermittelns von Pferdewetten stehen. Denn gerade in einem Verstoß gegen die bestandskräftige Nebenbestimmung Nr. 3 kann der maßgebliche Bezug zur Zuverlässigkeit zur Ausübung des Buchmachergewerbes liegen. Einem Verstoß gegen diese Nebenbestimmung könnte auch erhebliches Gewicht zukommen im Hinblick auf den Zweck des Rennwett- und Lotteriegesetzes, durch die Konzessionierung von Buchmachern gegenüber den Missständen der Winkelbuchmacherei geordnete Zustände herzustellen, die Wettleidenschaft einzudämmen und in legalisierte und einwandfreie Formen zu leiten (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 04.10.1994, BVerwGE 97, 12, juris Rn. 27; Ennuschat, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2008, RennwLottG Rn. 1). Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck stellt ein legitimes Gemeinwohlziel dar (vgl. BVerfG, Urt. vom 28.03.2006, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 97 ff.; Beschl. vom 19.07.2000, BVerfGE 102, 197, juris Rn. 68 ff.). Ob dieser Gesetzeszweck bei der Ausübung des Buchmachergewerbes durch die Antragstellerin erreicht werden konnte, wenn in ihren Räumlichkeiten zugleich illegale Sportwetten vermittelt wurden, um - wie sie vorträgt - zurückgehende Umsätze im Pferdewettenbereich auszugleichen, steht somit ernstlich in Frage. Die Bedeutung eines Verstoßes gegen die Nebenbestimmung Nr. 3 zur Erlaubnis vom 30.11.2006 kann im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch offen bleiben. Denn auch insoweit ergibt sich keine offensichtliche Rechtmäßigkeit des streitigen Widerrufsbescheids.

Dem Regierungspräsidium war bereits seit dem 10.04.2007 bekannt, dass in den Geschäftsräumen der Antragstellerin in der xxxxxxxxxxxxxx auch illegale Sportwetten vermittelt werden. Gleichwohl widerrief es die Buchmacherkonzession erst mit der streitigen Verfügung vom 19.09.2008. Fraglich ist daher bereits, ob die Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 LVwVfG eingehalten ist. Wann die Behörde die Widerrufsvoraussetzungen erkannte und ihr alle für die Widerrufsentscheidung erheblichen Tatsachen - auch die für ihre Ermessensbetätigung - vollständig bekannt waren (vgl. BVerwG, Urt. vom 24.04.1990, NVwZ-RR 1990, 604, 605; Beschl. vom 05.05.1988, NJW 1988, 2911, 2912), kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht geklärt werden. Jedenfalls maß der Antragsgegner selbst, wie sich bereits dem Zeitablauf entnehmen lässt, der Vermittlung von Sportwetten durch die Antragstellerin zumindest zunächst kein entscheidendes Gewicht für einen Widerruf der Buchmacherkonzession bei. Er stützte den Widerrufsbescheid auch nicht unmittelbar auf einen Verstoß gegen die Nebenbestimmung in Nr. 3 der Erlaubnis. Er stellte im Bescheid - neben dem in den Vordergrund gestellten Missachten der Untersagungsverfügung bezüglich Sportwetten vom 23.05.2008 nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25.08.2008 -insoweit lediglich auf den Umstand ab, dass die Antragstellerin ihre Buchmacherkonzession durch unvollständige Angaben erwirkt habe; diese habe versäumt, im Antragsverfahren mitzuteilen, dass sie im Sportwettengeschäft tätig sei und beabsichtige, in den gleichen Räumen sowohl Pferdewetten als auch Sportwetten zu vermitteln, da auch die Betriebsstätte mit in die Entscheidung zur Erlaubnis aufgenommen worden sei.

Ohne Erfolg bringt der Antragsgegner schließlich vor, dass sich die Antragstellerin über die Untersagungsverfügung zur Sportwettenvermittlung vom 23.05.2008 hinweggesetzt habe, obwohl ihr Eilantrag vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25.08.2008 abgelehnt wurde und sie über ihren Rechtsanwalt zuvor angekündigt hatte, zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren befolgen zu wollen. Soweit der Antragsgegner damit geltend machen will, dass sich die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin für das Buchmachergewerbe daraus ergebe, dass diese illegale Sportwetten vermittelt habe, kann dieser Umstand zwar in der Tat, wie ausgeführt, von erheblichem Gewicht sein; da dem Antragsgegner dieser Umstand seit dem 10.04.2007 bekannt war, lässt sich eine offensichtliche Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids insoweit jedoch nicht feststellen. Sollte der Antragsgegner geltend machen, aus dem Missachten des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 25.08.2008 ergebe sich, dass die Antragstellerin einen Hang zur Verletzung von Vorschriften habe, vermag der Senat dies insoweit nicht zu erkennen. Im Anhörungsverfahren zum streitigen Widerrufsbescheid teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.07.2008 mit, dass das Verwaltungsgerichts Karlsruhe im Eilverfahren gegen die Untersagungsverfügung betreffend Sportwetten vom 23.05.2008 mit Schreiben vom 12.06.06 dem Antragsgegner mitgeteilt habe davon auszugehen, dass bis zur Entscheidung über den Eilantrag von Vollzugsmaßnahmen Abstand genommen werde, und dass sie sich darauf verlasse. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25.08.2008, mit dem ihr Eilantrag abgelehnt wurde, konnte die Antragstellerin dieses Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 12.06.06 zwar nicht mehr zugrundelegen. Am 04.09.2008 war auch ein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25.08.2008 noch nicht eingelegt. Da jedoch der Beschluss des Verwaltungsgerichts der Antragstellerin erst seit dem 03.09.2008 vorlag und die Möglichkeit, ein Rechtsmittel noch einzulegen, bestand, ergibt sich daraus kein Hang zur Verletzung von Vorschriften.

Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat daher davon aus, dass der Widerrufsbescheid weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig ist. Gegen die demgemäß vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts bringt der Antragsgegner mit der Beschwerde nichts vor. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der behördlich angeordnete Sofortvollzug, der sich im Wesentlichen auf die zwischenzeitlich eingestellte Vermittlung von Sportwetten stützt, einer rechtlichen Überprüfung standhielte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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