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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 25.01.2002
Aktenzeichen: 7 S 240/02
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 58 Abs. 2
1. In der Rechtsbehelfsbelehrung muss das Verwaltungsgericht auf den im Zulassungsverfahren bestehenden Vertretungszwang hinweisen.

2. Entscheidet das Verwaltungsgericht zugleich über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und in der Sache selbst, muss aus der Rechtsbehelfsbelehrung klar und unmissverständlich hervor gehen, dass sich der Vertretungszwang nicht auf das PKH-Verfahren bezieht.


7 S 240/02

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Sozialhilfe; vorläufiger Rechtsschutz

hier: Prozesskostenhilfe

hat der 7. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Gehrlein und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Bader und Ridder

am 25. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. August 2001 - 8 K 1189/01 - wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

Gemäß § 194 Abs. 3 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom 20.12.2001 (BGBl I, S. 3987) gelten Rechtsmittel, die vor dem 01.01.2002 fristgerecht gegen Beschlüsse in Verfahren der Prozesskostenhilfe eingelegt worden sind, als durch das OVG zugelassen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil der Antrag auf Zulassung der Beschwerde fristgerecht gestellt worden ist.

Zwar wurde ausweislich der bei den Verwaltungsgerichtsakten befindlichen Postzustellungsurkunde der Beschluss vom 15.08.2001 am 22.08.2001 durch Niederlegung zugestellt; als Datum des Zustellversuchs ist der 21.08.2001 beurkundet. Die 2-Wochenfrist des § 146 Abs. 5 Satz 1 VwGO endete somit am 05.09.2001. Das Telefax des Beschwerdeführers 1) vom 21.10.2001 ging aber erst am 21.10.2001 beim Verwaltungsgericht ein und wäre damit an sich verspätet. Zustellfehler werden seitens der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

Die Antragsfrist ist gleichwohl eingehalten worden, weil die den Beschwerdeführern erteilte Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft ist und damit die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Anwendung gelangt. In der dem angegriffenen Beschluss vom 15.08.2001 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ist u. a. ausgeführt, dass sich vor dem Verwaltungsgerichtshof jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten lassen müsse. Sodann wird auf die besonderen Vertretungsregelungen des § 67 Abs. 1 VwGO hingewiesen. Diese Ausführungen in der Rechtsbehelfsbelehrung sind zutreffend hinsichtlich des Beschlusses vom 15.08.2001, soweit dort der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist. Sie sind falsch soweit in diesem Beschluss zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt worden ist. Denn der Vertretungszwang des § 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats im Prozesskostenhilfeverfahren nicht. Dies hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom 20.12.2001 (BGBl I, S. 3987) zwischenzeitlich ausdrücklich klar gestellt (vgl. insoweit die Neufassung von § 166 VwGO).

Nach Auffassung des Senats muss das Verwaltungsgericht seiner Rechtsbehelfsbelehrung auch einen Hinweis auf den für das Zulassungsverfahren bestehenden Vertretungszwang beifügen (vgl. Bader, VwGO, § 67 Rdnr. 6). Diesem Erfordernis hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend Rechnung getragen, soweit es über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes entschieden hat. Wenn das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss aber zugleich über den gestellten PKH-Antrag entscheidet, kann die einheitlich erteilte Rechtsbehelfsbelehrung nur auf den gesamten Beschluss bezogen werden, zumal der erste Satz der Rechtsbehelfsbelehrung lautet: "Gegen diese Entscheidung ...", womit der gesamte Beschluss gemeint ist. Aufgrund dieser Belehrung gelangen die Beteiligten deshalb zu dem unzutreffenden Ergebnis, dass der Vertretungszwang auch für den Beschwerdezulassungsantrag im Prozesskostenhilfeverfahren gilt. Eine solche einheitliche Rechtsbehelfsbelehrung ist deshalb hinsichtlich der Prozesskostenhilfe unrichtig erteilt im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Will das Verwaltungsgericht über beide Begehren in einem Beschluss entscheiden, so muss es in der Rechtsbehelfsbelehrung klar und für die Beteiligten unmissverständlich zum Ausdruck bringen, welche unterschiedlichen Anforderungen hinsichtlich der Prozesskostenhilfe bestehen. Etwaige Zweifel können nicht zu Lasten der Beteiligten gehen.

Nichts anderes würde gelten, wenn keine Rechtspflicht zum Hinweis auf den Vertretungszwang im Zulassungsverfahren bestehen würde. Denn dann würde es sich bei dem gleichwohl erfolgten Hinweis um einen irreführenden Zusatz handeln. Wird in einem Beschluss zugleich über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden, können die Beteiligten die dem Beschluss beigefügte einheitliche Rechtsbehelfsbelehrung nur auf den gesamten Beschluss beziehen (s.o.), wenn das Verwaltungsgericht nicht klar und unmissverständlich über die unterschiedlichen Anforderungen belehrt. In diesem Falle ist der Hinweis auf den im Zulassungsverfahren bestehenden Vertretungszwang irreführend, weil er hinsichtlich der Prozesskostenhilfe nicht besteht. Der irreführende Zusatz ist auch objektiv geeignet, die Ergreifung des Rechtsbehelfs zu erschweren (v.Albedyll in: Bader, VwGO, § 58 Rdnr. 14). Eine Belehrung dahin, dass Vertretungszwang besteht, obwohl dies nicht zutrifft, kann den Beteiligten davon abhalten, den gegebenen Rechtsbehelf zu ergreifen.

Auf den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführer kommt es deshalb in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Beschwerde kann aber in der Sache keinen Erfolg haben, weil das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht versagt hat.

Hierbei kann im vorliegenden Zusammenhang dahin stehen, ob die für die Bewilligung notwendige Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung fehlt. Denn das Verwaltungsgericht hat seine Ablehnung zusätzlich darauf gestützt, dass die Beschwerdeführer nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts erstrebten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG und des Senats kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in gerichtskostenfreien Verfahren nur in Betracht, wenn zugleich die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts vorliegen. Denn wenn der Beteiligte nicht anwaltlich vertreten zu sein braucht oder nicht vertreten sein will, entstehen in solchen Verfahren keine Kosten, von deren Tragung der Beteiligte vorläufig befreit werden könnte. Die Beschwerdeführer haben erstinstanzlich aber lediglich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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