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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 21.01.2002
Aktenzeichen: 8 S 1388/01
Rechtsgebiete: BauGB, GG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 1 a Abs. 3 S. 3
GG Art. 3
1. Die bloße Erwähnung einer vertraglich nicht abgesicherten, auf einem außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstück der Gemeinde vorgesehenen Ausgleichsmaßnahme in der Begründung des Bebauungsplans genügt jedenfalls nur dann den Anforderungen des § 1 a Abs. 3 S. 3 BauGB, wenn die geplante Maßnahme nach Art und Umfang präzise beschrieben wird und damit feststeht, was die Gemeinde zum Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe zu tun gedenkt.

2. Ein ausschließlich mit Wohnhäusern bebautes Gebiet kann nur dann als Dorfgebiet ausgewiesen werden, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass in dem Gebiet in absehbarer Zeit Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe errichtet werden.

3. Zum Grundsatz der Lastengleichheit in der Bauleitplanung.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

8 S 1388/01

Verkündet am 21.01.2002

In der Normenkontrollsache

wegen

Gültigkeit des Bebauungsplans "Kleines Öschle" in Hohentengen-Ölkofen

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt, die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk, Rieger und Schieber sowie den Richter am Verwaltungsgerichtshof im Nebenamt Prof. Dr. Puhl auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bebauungsplan "Kleines Öschle" der Gemeinde Hohentengen vom 27. Oktober 1999 wird für nichtig erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan "Kleines Öschle" der Antragsgegnerin.

Der angefochtene Bebauungsplan umfasst eine 2,61 ha große Fläche im Ortsteil Ölkofen der Antragsgegnerin, die im Norden z.T. von der St.-Leonhardt-Straße (K 8252), im Osten von der Friedbachstraße und im Westen von der Lindenstraße begrenzt wird. Das im Norden, Süden und Osten von Bebauung umgebene Gebiet ist mit Ausnahme des dem Antragsteller gehörenden Grundstücks Flst.Nr. 1187/3 sowie des nördlich angrenzenden Grundstücks Flst.Nr. 823/1 unbebaut und wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Das Grundstück Flst.Nr. 1187/3 ist in seinem östlichen, an die Friedbachstraße grenzenden Teil mit einem Wohnhaus (Friedbachstraße 21) bebaut; es grenzt nach Westen an das unbebaute Grundstück Flst.Nr. 1187/1, das ebenfalls im Eigentum des Antragstellers steht. Beide Grundstücke machen zusammen etwa ein Drittel des Plangebiets aus.

Der Bebauungsplan setzt für den größten Teil des Plangebiets ein allgemeines Wohngebiet bzw. ein Mischgebiet fest. Das gleichfalls mit einem Wohnhaus (Friedbachstraße 23) bebaute Grundstück Flst.Nr. 823/1 sowie etwa zwei Drittel des Grundstücks Flst.Nr. 1187/3 sind als Dorfgebiet ausgewiesen, womit nach der Bebauungsplanbegründung ein Nutzungskonflikt mit einem auf der gegenüberliegenden Seite der Friedbachstraße gelegenen landwirtschaftlichen Betrieb vermieden werden soll. Für den übrigen Teil des Grundstücks Flst.Nr. 1187/3 sowie einen schmalen Steifen des angrenzenden Grundstücks Flst.Nr. 1187/1 ist eine private Grünfläche festgesetzt. In allen drei Baugebieten ist jeweils eine Bebauung mit bis zu zwei Vollgeschossen, einer GRZ von 0,4 sowie einer GFZ von 0,6 zulässig.

Zur Erschließung des Gebiets sieht der Plan eine von der Lindenstraße abzweigende Stichstraße vor, die im Inneren des Gebiets mit einer Wendeplatte endet. In Verlängerung der Straße ist ein 2 m breiter Fußweg geplant, der zwischen den Gebäuden Nr. 21 und 23 zur Friedbachstraße führt. Das östliche Teilstück dieses Wegs verläuft in voller Breite auf dem Grundstück Flst.Nr. 1187/3.

Der Antragsteller hat am 2.7.2001 ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag,

den Bebauungsplan "Kleines Öschle" der Gemeinde Hohentengen vom 27. Oktober 1999 für nichtig zu erklären.

Er macht geltend: Mit dem Bebauungsplan solle ausweislich seiner Begründung Bauland für einheimische Bauwillige geschaffen werden. Das Bestehen eines entsprechenden Bedürfnisses werde nicht bestritten. Das Planungsziel rechtfertige es jedoch nicht, die bereits bebauten Grundstücke Flst.Nr. 823/1 und 1187/3 in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einzubeziehen. Auch in der Festsetzung des Verbindungswegs zwischen diesen beiden Grundstücken könne eine Rechtfertigung dafür nicht gesehen werden, da beide Grundstücke schon jetzt durch die Friedbachstraße erschlossen seien. Die Planung sei deshalb insoweit bereits nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB und verstoße außerdem gegen § 1 Abs. 6 BauGB. Die Überplanung des rückwärtigen Teils seines Grundstücks Flst.Nr. 1187/3 als private Grünfläche sei ebenfalls abwägungsfehlerhaft. Vor der Aufstellung des Bebauungsplans hätte auf diesem Teil des Grundstücks in zweiter Reihe ein zweites Wohnhaus errichtet werden können, so dass die getroffene Festsetzung dem betreffenden Teil des Grundstücks die Baulandqualität entziehe. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin habe er dieser Ausweisung nicht zugestimmt, sondern ihr widersprochen. Städtebauliche Gründe, die eine solche Festsetzung rechtfertigen könnten, gebe es nicht. Ökologisch sei die Fläche wertlos, weil sie völlig isoliert sei. Auch verfolge die Antragsgegnerin nicht das Ziel, besonders erhaltenswerte Bäume oder Ähnliches zu bewahren. Des Weiteren liege auch dem Erschließungskonzept des Bebauungsplans eine mangelhafte Abwägung der widerstreitenden Interessen zugrunde. Die Annahme der Antragsgegnerin, dass er an die Nebenbestimmung zu der Teilungsgenehmigung für das vormalige Grundstück Flst.Nr. 1173/2 im Jahre 1977 gebunden sei, sei unzutreffend. Da er einen unbedingten Rechtsanspruch auf Erteilung der Teilungsgenehmigung gehabt habe, verstoße die Nebenbestimmung gegen § 36 Abs. 1 VwVfG und sei deshalb zumindest rechtswidrig, wenn nicht gar nichtig. Die Antragsgegnerin habe zudem mögliche Alternativen für die von ihr gewählte Erschließung nicht hinreichend geprüft. So wäre es zum Beispiel problemlos möglich gewesen, das Gebiet vom südlichen Teil der Lindenstraße her zu erschließen und damit auch straßenmäßig eine direkte Anbindung an den Ölkofener Ortskern zu erreichen. Sie habe es ferner unterlassen, eine Entkoppelung des Fußwegs von den darunter verlaufenden Leitungen als mögliche Planungsvariante zu prüfen. Einen Sachzwang dahingehend, Leitungsrechte zugleich mit einer darüber verlaufenden Erschließung zu verbinden, gebe es nicht. Die Antragsgegnerin habe zudem unberücksichtigt gelassen, welche Auswirkungen die Fußwegverbindung auf seine Wohnsituation habe. Sie habe insbesondere nicht erwogen, den Fußweg wenigstens hälftig auf dem nördlich angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 823/1 zu führen. Eine Fehlgewichtung seiner privaten Interessen sei auch deshalb gegeben, weil die Antragsgegnerin nicht hinreichend gewürdigt habe, dass er bereits durch die Friedbachstraße mit Verkehr belastet sei und deshalb ein erhöhtes Interesse daran habe, dass zumindest die rückwärtigen Teile seines Grundstücks ein gewisses Maß an Wohnruhe gewährleisteten. Der Bebauungsplan verstoße schließlich gegen die naturschutzrechtliche Ausgleichspflicht. Ob die - mehr oder minder nur kosmetischen - Begrünungs-und dezentralen Bewässerungsmaßnahmen im eigentlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans eine Kompensation für die massive Verdichtung und Versiegelung der bisher unbebauten Flächen darstellen könnten, könne dabei dahinstehen. Nicht ausreichend sei jedenfalls die beabsichtigte Ausgleichsmaßnahme auf der früheren Dorfmüllkippe. Denn auf Grund des noch ungeklärten Zustands der Altlast müsse jederzeit damit gerechnet werden, dass auf dem Gelände Bohrungen stattfänden, gegebenenfalls sogar eine Sanierung angeordnet werde. Das vorgesehene Bepflanzen der Fläche würde dies erschweren. Die sogenannte Ausgleichsmaßnahme sei deshalb im Ergebnis kontraproduktiv, weil sie die - ökologisch sinnvolle - Sanierung der Altlast hindere. Auf Grund der möglichen Sanierung sei zudem ein Ausgleich nicht auf Dauer gewährleistet. Unzureichend sei auch die den beschlossenen Ausgleichsmaßnahmen zugrunde liegende landschaftsökologische Begutachtung, da es an einer systematischen Bewertung der vorhandenen und durch den Bebauungsplan beeinträchtigten Naturfunktionen fehle.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie erwidert: Die Bewältigung der durch den Bebauungsplan ausgelösten Konflikte erfordere die Einbeziehung der Grundstücke Flst.Nr. 823/1 und 1187/3. Nur so sei es möglich gewesen, auf dem zuletzt genannten Grundstück eine Fußwegverbindung festzusetzen, die das Baugebiet mit dem Ortskern von Ölkofen verbinden solle. Ein weiterer städtebaulicher Grund für die Überplanung der Grundstücke liege in der Festsetzung einer privaten Grünfläche auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks Flst.Nr.1187/3, die als Puffer zwischen allgemeinem Wohngebiet und Dorfgebiet dienen solle. Der angefochtene Bebauungsplan verstoße auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Der rückwärtige Teil des Grundstücks Flst.Nr. 1187/3 sei vor Inkrafttreten des angefochtenen Bebauungsplans dem Außenbereich zuzuordnen gewesen und habe deshalb keine Baulandqualität besessen. Bei der Festsetzung der Grünfläche sei ferner berücksichtigt worden, dass der Antragsteller geäußert habe, der rückwärtige Teil seines Grundstücks solle Garten bleiben. Er habe hierdurch verhindern wollen, dass er in Folge der Ausweisung eines Baufensters in diesem Grundstücksteil zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden könne. Die Festsetzung der Grünfläche diene den Belangen des Umweltschutzes, dem Ausgleich der naturschutzrechtlichen Eingriffe sowie dem Schutz erhaltenswerter Grünzonen. Das Erschließungskonzept des Baugebiets sei jedenfalls abwägungsfehlerfrei. Bei der Festsetzung des Fußwegs sei berücksichtigt worden, dass dieser die kürzeste Verbindung zum Ortskern von Ölkofen herstelle. Mögliche Alternativen hätten sich nicht als eindeutig bessere Lösung aufgedrängt. Dies gelte auch für die Führung des Fußwegs über den auf dem Grundstück Flst.Nr. 1188 vorhandenen Kirchweg, da es sich dabei um einen Stichweg handle und das Gelände auch hier teilweise nicht im Eigentum der Gemeinde stehe. Außerdem sei die Anbindung an die Ortsmitte deutlich ungünstiger als bei der festgesetzten Fußwegverbindung. In die Abwägung habe auch eingestellt werden dürfen, dass der Antragsteller seit der Bebauung seines Grundstücks sogar mit der Inanspruchnahme einer Teilfläche seines Grundstücks für eine Straße habe rechnen müssen, da die Teilungsgenehmigung des Landratsamts Sigmaringen vom 21.1.1977 für die Grundstücke Flst.Nrn. 1187/2 und 1187/1 nur mit der Maßgabe erteilt worden sei, dass an der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Grundstück Flst.Nr. 823/1 die Hälfte der Fläche für die künftige Erschließungsstraße bei Bedarf der Gemeinde zur Verfügung zu stellen sei. Dieser Streifen habe eine Breite von 3,75 m betragen sollen. Der angegriffene Fußweg belaste den Antragsteller somit erheblich weniger als die ursprünglich vorgesehene Erschließungsstraße mit Gehweg. Das benachbarte Grundstück Flst.Nr. 823/1 werde durch die vorgesehene Abstandsfläche (Schutzstreifen) von 1,80 m zu den geplanten Versorgungsleitungen ebenfalls belastet. Die Versorgungsleitungen seien bewusst so geplant, dass nur eine einseitige Abstandsfläche notwendig sei. Dies habe zur Folge, dass der Antragsteller jederzeit eine Grenzbebauung (Garage usw.) auf seinem Grundstück entlang des Fußwegs vornehmen könnte, während der Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. 823/1 einen Grenzabstand einhalten müsste. Die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen verstießen nicht gegen § 1a in Verbindung mit § 1 Abs. 6 BauGB. Die geplante Pflanzung von Streuobstbäumen auf dem gemeindeeigenen Grundstück Flst.Nr. 788 sei eine geeignete Kompensationsmaßnahme. Zwar treffe es zu, dass auf dem Grundstück früher Müll abgeladen worden sei, der Zustand der Altlast sei jedoch inzwischen abschließend erkundet. Nach dem Altlastgutachten vom 16.12.1997 könne davon ausgegangen werden, dass für die betreffende Fläche kein weiterer Erkundungsbedarf bestehe und damit nicht mit Sanierungsmaßnahmen zu rechnen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Bebauungsplanakten sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Antragsteller mit Zustimmung der Antragsgegnerin beantragte Anordnung des Ruhens des Verfahrens hält der Senat nicht für zweckmäßig (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 251 Abs. 1 S. 1 ZPO). Der Antrag wird von dem Antragsteller damit begründet, dass er versuchen wolle, sich mit der Antragsgegnerin außergerichtlich zu einigen. Nach den dazu von beiden Seiten in der mündlichen Verhandlung gemachten Ausführungen sind aber die Aussichten, dass es zu einer solchen Einigung kommen könnte, nur sehr vage. Die beantragte Anordnung liegt daher nicht im Interesse der Prozessökonomie. Eine vergleichsweise Einigung dürfte im Übrigen nur in Verbindung mit einer Änderung des Bebauungsplans denkbar sein. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit künftiger Rechtsstreitigkeiten liegt es dabei im wohl verstandenen Interesse der Antragsgegnerin, wenn sie vor einer Einleitung eines hierauf gerichteten Verfahrens Klarheit über das nach der Ansicht des Senats erforderliche Ausmaß einer Planänderung erhält.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

I. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft und auch sonst unbedenklich zulässig. Der Antragsteller besitzt insbesondere die gemäß § 47 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da er sich (u. a.) gegen Festsetzungen des Bebauungsplans wendet, die unmittelbar sein eigenes Grundstück betreffen und daher eine Bestimmung von Inhalt und Schranken seines Eigentums bedeuten. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO Nr. 40; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO Nr. 42).

II. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Zwar bestehen gegen die Planung der Antragsgegnerin unter dem Aspekt des § 1 Abs. 3 BauGB keine Bedenken. Der angefochtene Bebauungsplan leidet jedoch an mehreren Verstößen gegen das Abwägungsgebot. Diese Fehler sind nicht durch ein ergänzendes Verfahren im Sinn des § 215 a BauGB behebbar und führen daher zur Nichtigkeit des Bebauungsplans.

1. Nach § 1 Abs. 3 BauGB hat die Gemeinde die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Gemeinden besitzen bei dieser Frage ein weites planerisches Ermessen. Bauplanerische Festsetzungen sind insbesondere nicht erst dann zulässig, wenn sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind (BVerwG, Urt. v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338; Beschl. v. 14.8.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86). Zur Planung befugt ist die Gemeinde vielmehr schon dann, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann. Das ist hinsichtlich des angefochtenen Bebauungsplans auch insoweit der Fall, als sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen hat, die bereits bebauten Grundstücke Flst.Nrn. 823/1 und 1187/3 in dessen Geltungsbereich einzubeziehen.

Für die Einbeziehung der Grundstücke gibt es aus der Sicht der Antragsgegnerin mehrere Gründe. Sie verweist dabei zunächst auf den geplanten Fußweg, der die Erschließungsstraße mit der Friedbachstraße verbindet und zwi- schen beiden Grundstücken hindurchgeführt werden soll. Dieser Fußweg dient nicht, wie der Prozessvertreter des Antragstellers suggeriert, der - bereits durch die Friedbachstraße gewährleisteten - Erschließung der beiden Grundstücke, sondern soll das Baugebiet an den Ortskern von Ölkofen anbinden. Was das dem Antragsteller gehörende Grundstück Flst.Nr. 1187/3 betrifft, hat sich die Antragsgegnerin ferner von der Überlegung leiten lassen, dass ohne die Einbeziehung des Grundstücks in den Plan in ihrem hinteren Teil eine Baulücke entstehen würde. Durch die Ausweisung beider Grundstücke als Dorfgebiet sollen außerdem Nutzungskonflikte mit dem bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb auf den gegenüberliegenden Grundstücken Flst.Nrn. 41/1 und 43 verhindert werden. Die Einbeziehung der beiden Grundstücke in den Bebauungsplan ist daher unzweifelhaft von städtebaulichen Gründen getragen und damit im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich.

2. Der angefochtene Plan verstößt jedoch unter mehreren Aspekten gegen das Abwägungsgebot.

Nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 3 ) ist die von der planenden Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans gemäß § 1 Abs. 6 BauGB vorzunehmende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gerichtlich nur darauf überprüfbar, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt worden musste, ob die Bedeutung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Diesen Anforderungen ist mit dem angefochtene Bebauungsplan in verschiedener Hinsicht nicht genügt.

a) Die gegen das Erschließungskonzept vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers vermag der Senat allerdings nicht zu teilen. Der Antragsteller hatte im Bebauungsplanverfahren vorgeschlagen, die Erschließung von der - das Plangebiet nach Norden begrenzenden - St.-Leonhardt-Straße aus zu planen, die die Ortsdurchfahrt der K 8252 bildet. Der Vorschlag wurde von der Antragsgegnerin mit der Begründung verworfen, dass sich dadurch zum einen eine weitere problematische Einfahrt in die Kreisstraße ergäbe und zum anderen - im Hinblick auf die Führung der Ent- und Versorgungsleitungen - eine zukünftige Erschließung des Bereichs "rechtsseitig" (gemeint: westlich) der Lindenstraße erschwert würde. Gegen diese Argumentation werden seitens des Antragstellers keine Einwendungen erhoben. Umstände, die ihre Richtigkeit in Frage stellten, sind auch sonst nicht zu erkennen. Die erst in der Antragsbegründung ins Spiel gebrachte Möglichkeit, das Plangebiet vom südlichen Teil der Lindenstraße her zu erschließen, mag eine andere denkbare Variante sein. Nicht ersichtlich ist jedoch, dass diese Möglichkeit erhebliche Vorteile gegenüber der von der Antragsgegnerin gewählten Art der Erschließung hätte und sich damit insgesamt als die eindeutig bessere Lösung darstellte. Ihre Nichtberücksichtigung durch die Antragsgegnerin ist daher kein Abwägungsfehler.

Auch gegen die Planung des zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und dem weiter nördlich gelegenen Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.Nr. 823/1 verlaufenden Fußwegs, mit dem die von der Lindenstraße abzweigende Stichstraße mit der Friedbachstraße verbunden werden soll, bestehen im Grundsatz keine Bedenken. Der geplante Fußweg wird in der Planbegründung damit gerechtfertigt, dass so die künftigen Bewohner des Baugebiets die Ortsmitte mit Dorfgemeinschaftshaus, Kapelle, Bushaltestelle und Vereinsheim gefahrlos auf einem möglichst kurzen und direkten Weg erreichen könnten. Zudem sollen in den Fußweg die Versorgungsleitungen für Abwasser, Wasserversorgung sowie für Telefon, Strom und Straßenbeleuchtung gelegt werden. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Auch der Antragsteller zieht nicht in Zweifel, dass der geplante Fußweg die "kürzeste, und damit unter Entfernungsgesichtspunkten praktikabelste Lösung" darstellt. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass sich zwischen der Friedbachstraße und der weiter östlich verlaufenden L 279 schon jetzt ein Fußweg befindet, dessen westliches Ende dem geplanten Fußweg direkt gegenüber liegt. Was die von der Antragsgegnerin ferner angeführten Versorgungsleitungen betrifft, so gibt es sicherlich keinen Sachzwang, den Fußweg dort verlaufen zu lassen, wo diese Leitungen geplant sind. Eine solche Planung ist jedoch ohne Frage zweckmäßig.

Da es sich um einen reinen Fußweg handelt, sind die mit seiner Planung verbundenen Auswirkungen auf die Wohnsituation des Antragstellers auch nicht von solchem Gewicht, dass die Antragsgegnerin mit Rücksicht hierauf gezwungen wäre, auf die sich unter den gegebenen Umständen anbietende Verlängerung des bereits vorhandenen Fußwegs zu verzichten. Dazu bestand umso weniger Anlass, als nach den ursprünglichen, bereits aus den siebziger Jahren stammenden Planungen der Antragsgegnerin im Bereich der nördlichen Grenze des Grundstücks des Antragstellers sogar eine Straße geführt werden sollte. Der Antragsteller konnte daher von vornherein nicht darauf vertrauen, im rückwärtigen Teil seines Grundstücks auf Dauer uneingeschränkte Ruhe zu genießen. Dies gilt unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob die der Teilungsgenehmigung des Landratsamts Sigmaringen vom 21.1.1977 beigefügte Nebenbestimmung, die den Antragsteller dazu verpflichtet, der Antragsgegnerin bei Bedarf "die Hälfte der Fläche für die künftige Erschließungsstraße (ein Streifen von 3,75 m)" zur Verfügung zu stellen, wirksam ist oder nach den hier noch zur Anwendung kommenden allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, die inhaltlich mit § 44 Abs. 1 VwVfG übereinstimmen, nichtig ist.

b) Nicht ersichtlich ist jedoch, weshalb sich die Antragsgegnerin dafür entschieden hat, das östliche Teilstück des 2,0 m breiten Fußwegs in vollem Umfang über das Grundstück des Antragstellers zu führen, statt auch das nördlich angrenzende Grundstück in Anspruch zu nehmen, das von dem Weg nur insoweit belastet ist, als der Bebauungsplan einen parallel zu dem Weg verlaufenden, 1,80 m breiten Streifen des Grundstücks als mit einem Leitungsrecht zu belastende Fläche ausweist. Der auch im Bebauungsplanverfahren zu beachtende Grundsatz der Lastengleichheit ist damit nicht beachtet.

Mit der Aufstellung eines Bebauungsplans bestimmt die Gemeinde Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinn des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Sie hat dabei die Aufgabe, die von ihrer Planung berührten schutzwürdigen Interessen zu einem gerechten Ausgleich zu bringen. Dies gilt auch für das Verhältnis der von der Planung betroffenen privaten Belange untereinander. Diese Belange dürfen daher nicht ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt werden. Eine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Grundstückseigentümer muss deshalb durch hinreichend gewichtige städtebauliche Gründe gerechtfertigt sein (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84 - ZfBR 1989, 115, 118; BGH, Urt. v. 11.11.1976 - III ZR 114/75 - NJW 1977, 388; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.7.1997 - 8 S 3343/96 - NVwZ-RR 1998, 618). Eine solche Rechtfertigung ist in Bezug auf die Inanspruchnahme nur des Grundstücks des Antragstellers für den Bau des östlichen Teilstücks des Wegs nicht zu erkennen.

Zu der Frage, auf Grund welcher Erwägungen die Antragsgegnerin sich für die von ihr gewählte Trassenführung entschieden hat, kann der Begründung des Bebauungsplans nichts entnommen werden. Dort heißt es zwar, den Belangen des Antragstellers werde dadurch Rechnung getragen, dass der durch die Errichtung des Fußwegs entstehende Flächenverlust durch eine flächengleiche Arrondierung des Grundstücks nach Westen hin vollständig ausgeglichen werden solle. Damit soll jedoch nicht die Ungleichbehandlung des Antragstellers im Verhältnis zu seinem nördlichen Grundstücksnachbarn gerechtfertigt werden, sondern die Entscheidung, den Weg in diesem Bereich und nicht an anderer Stelle zu bauen. Das nach Westen angrenzende Grundstück (Flst.Nr. 1187/1) steht im Übrigen ebenfalls im Eigentum des Antragstellers. Von einem Ausgleich im eigentlichen Sinn kann daher ohnehin keine Rede sein. Mit dem in der Begründung ferner genannten Argument, dass die Genehmigung zur Teilung des Grundstücks Flst.Nr. 1187/2 und 1187/1 vom 21.1.1977 nur mit der bereits genannten Maßgabe erteilt worden sei, lässt sich ebenfalls nur erklären, weshalb der Fußweg gerade zwischen den Gebäuden Friedbachstraße 19 und 23 hindurchgeführt werden soll, nicht aber, warum er in vollem Umfang über das Grundstück des Antragstellers verläuft, statt beide Grundstücke gleichermaßen in Anspruch zu nehmen.

Auch die Antragserwiderung gibt auf diese Frage keine ausreichende Antwort. Nach der sich dort findenden Darstellung sollen die Versorgungsleitungen bewusst so geplant worden sein, dass nur eine einseitige Abstandsfläche notwendig sei, da dies zur Folge habe, dass der Antragsteller jederzeit eine Grenzbebauung auf seinem Grundstück entlang des Fußwegs vornehmen könne, während der Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. 823/1 einen Grenzabstand einhalten müsse. Dies illustriert zwar, dass auch der nördliche Grundstücksnachbar des Antragstellers Nachteile durch den geplanten Fußweg erfährt, führt aber daran vorbei, dass diese Nachteile erheblich geringer wiegen, als diejenigen, die dem Antragsteller auferlegt werden.

Eine Rechtfertigung für die Inanspruchnahme nur des Grundstück des Antragstellers für das östliche Teilstücks des Wegs kann schließlich auch nicht darin gesehen werden, dass das westliche Teilstück des Wegs in vollem Umfang auf dem Grundstück Flst.Nr. 823 verläuft und hiervon das weiter südlich gelegene, ebenfalls dem Antragsteller gehörende Grundstück Flst.Nr. 1187/1 profitiert. Dem steht jedenfalls entgegen, dass bezüglich der Eigentümer der Grundstücke Flst.Nr. 823/1 und 823 keine Identität besteht. Eine vollständige Kompensation der durch die Trassenführung des Wegs entstehenden Vor- und Nachteile findet daher nicht statt. Auf diesen Gesichtspunkt hat sich dementsprechend auch die Antragsgegnerin weder in der Antragserwiderung noch in ihren in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erklärungen berufen.

c) An einer ordnungsgemäßen Abwägung fehlt es auch insoweit, als der Bebauungsplan auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks Flst.Nr. 1187/3 eine private Grünfläche festsetzt.

Mit der Festsetzung verfolgt die Antragsgegnerin ausweislich der Begründung (S. 7) das Ziel, eine "grüne Ausgleichsfläche" zu erhalten. Damit werde neben den ökologischen Belangen dem Wunsch des Antragstellers Rechnung getragen, der für sein Grundstück auf Dauer keine zusätzliche Bebauungsmöglichkeit haben wolle, was er zuletzt im Rahmen der Auslegung des Bebauungsplansentwurfs nochmals mündlich deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Im Beschlussvorschlag der Verwaltung wird außerdem darauf hingewiesen, dass nach § 34 BauGB auf dem Grundstück derzeit eine Bebauung in zweiter Reihe nicht zulässig sei. Diese Gründe vermögen sämtlich nicht zu überzeugen.

Als fehlerhaft stellt sich bereits die Einstufung der genannten Festsetzung als eine Maßnahme zum Ausgleich der durch den Bebauungsplan zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft dar, da dies voraussetzte, dass die betreffende Fläche in einen Zustand versetzt werden soll, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.1.1999 - 4 A 19.98 - UPR 1999, 268; Urt. v. 10.9.1998 - 4 A 35.97 - NVwZ 1999, 532; Senatsurt. v. 17.5.2001- 8 S 2603/00 - NVwZ-RR 2002, 8). Eine solche Aufwertung ist im vorliegenden Fall nicht geplant, da sich die Festsetzung darin erschöpft, die schon bisher als Garten genutzte Fläche als Grünzone zu konservieren. Die Festsetzung ist somit in Wirklichkeit nur auf die Vermeidung zusätzlicher Eingriffe gerichtet, nicht aber auf den Ausgleich der im Übrigen Teil des Plangebiets zu erwartenden Eingriffe.

Welche Konsequenzen sich aus diesem Irrtum über den Charakter der Festsetzung für deren Rechtmäßigkeit ergeben, kann dahinstehen. Die Festsetzung ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin die Bedeutung der von ihr betroffenen privaten Eigentumsbelange unzureichend erfasst hat. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsgegnerin mit der oben zitierten Passage aus der Begründung des Bebauungsplans den Eindruck erweckt hat, als ob der Antragsteller sein Einverständnis mit der Ausweisung des hinteren Teils seines Grundstücks als Grünfläche gegeben hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Zwar mag es sein, dass der Antragsteller zu Beginn des Aufstellungsverfahrens erklärt hat, er wolle auf seinem Grundstück kein zweites Wohnhaus errichten. Wenn dies geschehen sein sollte, so hat der Antragsteller aber im weiteren Verlauf des Verfahrens seine Meinung geändert und dies in seinem Einwendungsschreiben vom 14.4.1999 unmissverständlich dokumentiert. Denn in diesem Schreiben wird das fehlende Einverständnis mit der Ausweisung des hinteren Teils des Grundstücks als private Grünfläche klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, ohne dass sich die Antragsgegnerin hiermit vor der Beschlussfassung über den Bebauungsplan auseinander gesetzt hätte.

Die Ausweisung des hinteren Teils des Grundstücks des Antragstellers leidet auch insoweit an einer nicht ordnungsgemäßen Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, als sie auf der Annahme beruht, dass der Antragsteller schon bisher daran gehindert gewesen sei, auf diesem Teil seines Grundstücks - also in zweiter Reihe - ein weiteres Wohnhaus zu errichten. Auch diese Annahme trifft nicht zu. Nach dem Lageplan befinden sich in dem betreffenden Bereich mit den Gebäuden Friedbachstraße 15 und 13 zumindest zwei Wohngebäude in zweiter Reihe. Ein Bauantrag für ein Wohnhaus im hinteren Teil des Grundstücks des Antragstellers hätte deshalb nicht mit der Begründung abgelehnt werden können, dass sich ein solches Vorhaben nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Auch den während des Normenkontrollverfahrens eingenommenen Standpunkt der Antragsgegnerin, wonach der betreffende Bereich nicht zum Innen-, sondern zum Außenbereich gehöre, vermag der Senat nicht zu teilen. Dagegen spricht vielmehr, dass sich in dem betreffenden Bereich außer den beiden genannten Wohnhäusern im Süden des Grundstücks des Antragstellers auch auf dem nördlich angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 823/1 ein Gebäude in zweiter Reihe befindet, so dass die zwischen diesen Gebäuden liegende, bisher unbebaute Fläche noch als dem Bebauungszusammenhang zugehörig anzusehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei dem zuletzt genannten Gebäude um ein Nebengebäude handelt. Denn unter den Begriff der Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB fallen nicht nur Wohnhäuser, sondern alle Bauwerke, die genügendes Gewicht besitzen, um der näheren Umgebung ein bestimmtes Gepräge zu verleihen (BVerwG, B. v. 8.11.1999 - 4 B 85.99 - ZfBR 2000, 426; BVerwG, Urt. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - DVBl. 1993, 111 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 17). Angesichts seiner beträchtlichen Grundfläche kommt dem Nebengebäude auf dem Grundstück Flst.Nr. 823 eine solche Eignung zweifellos zu. Mit der Ausweisung des rückwärtigen Teils seines Grundstücksteils als private Grünfläche wird dem Antragsteller somit eine (zweite) Baumöglichkeit genommen, was die Antragsgegnerin ebenfalls nicht in ihre Erwägungen eingestellt hat.

Die betreffende Festsetzung ist unabhängig davon schließlich auch deshalb zu beanstanden, weil sie den bereits erwähnten Grundsatz der Lastengleichheit verletzt. Die von der Antragsgegnerin zur Rechtfertigung der Festsetzung angeführten ökologischen Belange besitzen unzweifelhaft erhebliches Gewicht. Nicht einzusehen ist jedoch, weshalb zu ihrer Wahrung ausschließlich das Grundstück des Antragstellers herangezogen werden soll. Zu verstehen wäre dies nur dann, wenn es sich hierbei um eine ökologisch besonders wertvolle Fläche handeln würde. Das ist jedoch offensichtlich nicht der Fall.

Das nachgeschobene Argument der Antragsgegnerin, dass mit der Grünfläche ein "Puffer" zwischen allgemeinem Wohngebiet und Dorfgebiet geschaffen werde, ist dem gleichen Einwand ausgesetzt. Unklar ist bereits, weshalb die Antragsgegnerin einen solchen Puffer überhaupt für erforderlich hält, da die beiden als Dorfgebiet ausgewiesenen Grundstücke mit Wohnhäusern bebaut sind und auch nicht damit zu rechnen ist, dass sich an dieser Nutzung in absehbarer Zeit etwas ändert. Die Frage kann jedoch auf sich beruhen, da die in Rede stehende Grünfläche jedenfalls nur dann die ihr angeblich zugedachte Pufferfunktion erfüllen könnte, wenn sie ihre Entsprechung auf dem nördlich angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 823/1 hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Allgemeines Wohngebiet und Dorfgebiet stoßen dort vielmehr unmittelbar aufeinander.

d) Die Behandlung der "umweltschützenden Belange" (§ 1a BauGB) begegnet auch in anderer Richtung durchgreifenden Bedenken.

Nach § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB auch die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu berücksichtigen. Das hat die Antragsgegnerin im Grundsatz nicht verkannt. Das von ihr deshalb entwickelte Vermeidungs- und Ausgleichskonzept ist jedoch nur unzureichend umgesetzt. Dies betrifft zunächst die von der Antragsgegnerin geplanten Vermeidungsmaßnahmen, zu denen nach der Begründung des Bebauungsplans der Erhalt der "wertvollen Streuobstflächen" entlang der Lindenstraße gehört. Nach der im Bebauungsplanverfahren eingeholten "Landschaftsökologischen Beurteilung zur geplanten Wohnbebauung" befinden sich in diesem Bereich acht Obstbäume, die in der Beurteilung (S. 7) als "schöne Streuobstwiese" beschrieben werden. Der Bebauungsplan weist aber in dem genannten Bereich lediglich zwei zu erhaltende Bäume aus. Von einem Erhalt der Streuobstwiese kann daher keine Rede sein.

Die Umsetzung des Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts der Antragsgegnerin ist ferner insoweit zu beanstanden, als zur Kompensation der zu erwartenden Eingriffe im Bereich des gemeindeeigenen Grundstücks Flst.Nr. 788 die Pflanzung von Streuobstbäumen geplant ist. Gegen die Eignung des - früher als Müllkippe genutzten - Grundstücks als Ausgleichsfläche bestehen entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Bedenken, da sich der Verdacht auf das Vorhandensein von Altlasten bei der Untersuchung des Grundstücks Mitte der neunziger Jahre nicht bestätigt hat. Die geplante Anpflanzung von Streuobstbäumen auf diesem Grundstück ist auch ansonsten zweifellos eine sinnvolle Maßnahme. Als problematisch stellt sich jedoch dar, dass die Antragsgegnerin weder das Grundstück Flst.Nr. 788 in den Geltungsbereich des Bebauungsplan einbezogen noch mit der unteren Naturschutzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die vorzunehmenden Ausgleichsmaßnahmen geschlossen hat. Die auf dem Grundstück geplanten Maßnahmen sind statt dessen nur in der Begründung des Bebauungsplans angesprochen. Nach § 1 a Abs. 3 S. 3 BauGB können allerdings anstelle von Darstellungen und Festsetzungen oder vertraglichen Vereinbarungen auch "sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereit- gestellten Flächen" getroffen werden. Ob die nur tatsächliche Festlegung in der Begründung des Bebauungsplans eine geeignete Maßnahme in diesem Sinn ist (so offenbar NdsOVG, Urt. v. 5.4.2001 - 1 K 2758/99 - BauR 2001, 1546, 1547, und Urt. v. 22.3.2001 - 1 K 2294/99 - BauR 2001, 1542, 154), ist jedoch fraglich. Die Frage bedarf aber im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner Klärung, da auch im Falle ihrer Bejahung als unverzichtbar zu fordern ist, dass die geplanten Maßnahmen nach Art und Umfang präzise beschrieben werden und damit feststeht, was die Gemeinde zum Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe zu tun gedenkt. An einer solchen Beschreibung fehlt es im vorliegenden Fall. In der Begründung des Bebauungsplans findet sich nur der nicht weiter erläuterte Satz, dass als Maßnahme zur Kompensation von Eingriffen die "zusätzliche Pflanzung mit Streuobstbäumen im Bereich des gemeindeeigenen Grundstück Flst.Nr. 788" geplant sei. Nähere Angaben über Zahl oder Dichte der Bäume fehlen. Auch der Inhalt der Bebauungsplanakten gibt darüber keinen Aufschluss. Dies gilt namentlich für die bereits erwähnte "Landschaftsökologische Beurteilung", da sich auch darin nur eine sehr ungefähre Beschreibung der geplanten Maßnahme ("lockere Bepflanzung der Fläche mit Obstgehölzen") findet.

e) Als abwägungsfehlerhaft erweist sich schließlich auch die Entscheidung der Antragsgegnerin, sowohl das dem Antragsteller gehörende Grundstück Flst.Nr. 1187/3 als auch das nördlich angrenzende Grundstück Flst.Nr. 823/1 als Dorfgebiet auszuweisen. Unter den gegebenen Umständen handelt es sich bei dieser Festsetzung um einen bloßen "Etikettenschwindel", da eine der Gebietsfestsetzung entsprechende Bebauung weder von der Antragsgegnerin gewünscht wird noch tatsächlich zu erwarten ist.

In der Begründung des Bebauungsplans wird die Ausweisung des betreffenden Teils des Plangebiets als Dorfgebiet damit erklärt, dass so Nutzungskonflikte mit dem bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb auf den gegenüberliegenden Grundstücken Flst.Nrn. 41/1 und 43 verhindert werden sollen. Diese Überlegung ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat jedoch übersehen, dass ein Dorfgebiet auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen dient. Ein Dorfgebiet setzt daher das Vorhandensein von Gebäuden landwirtschaftlicher Betriebsstellen voraus. Die Festsetzung eines Dorfgebiets wird dementsprechend wegen Funktionslosigkeit unwirksam, wenn in dem festgesetzten Bereich Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe nicht (mehr) vorhanden sind und auch mit ihrer Errichtung in Zukunft auf unabsehbare Zeit nicht mehr gerechnet werden kann, etwa weil es keine Fläche mehr gibt, auf der sich eine solche Wirtschaftsstelle sinnvoll realisieren ließe (BVerwG, Beschl. v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001, 1055 = PBauE § 10 BauGB Nr. 24). Ein ausschließlich mit Wohnhäusern bebautes Gebiet kann bei Anlegung dieses Maßstabs nur dann als Dorfgebiet ausgewiesen werden, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass in dem Gebiet in absehbarer Zeit Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe errichtet werden. Daran fehlt es im vorliegenden Fall, da nichts dafür spricht, dass seitens der Eigentümer der beiden als Dorfgebiet ausgewiesenen Grundstücke der Wunsch besteht oder in absehbarer Zeit entstehen könnte, neben oder an Stelle ihrer Wohnhäuser land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe zu errichten. Mit einem solchen Wunsch ist umso weniger zu rechnen, als die Grundstücke aufgrund ihrer Größe sowie der übrigen im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen für ein solches Vorhaben kaum geeignet sein dürften. Die Ansiedelung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs würde im Übrigen auch der mit der Ausweisung des Dorfgebiets verfolgten Absicht der Antragsgegnerin, nämlich der Schaffung einer Pufferzone, unmittelbar zuwider laufen, da in diesem Fall das Problem, um dessen Beseitigung es ihr mit der Ausweisung geht, lediglich verlagert würde.

3. Die festgestellten Abwägungsfehler führen zur Nichtigkeit des Bebauungsplans. Die in der einseitigen Inanspruchnahme des Grundstück Flst.Nr. 1187/3 für das östliche Teilstück des Fußwegs sowie in der Ausweisung des Dorfgebiets zu sehenden Abwägungsfehler können zwar jeweils durch ein ergänzendes Verfahren im Sinn des § 215 a BauGB behoben werden, da durch sie weder die Planung als Ganzes in Frage gestellt wird noch die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, Urt. v. 8.10.1998 - 4 CN 7.97 - NVwZ 1999, 414 = PBauE § 215a BauGB Nr. 6; Urt. v. 16.12.1999 - 4 CN 7.98 - BVerwGE 110, 193 = PBauE § 47 Abs. 1 VwGO Nr. 7). Dies gilt jedoch nicht für die der Antragsgegnerin bei der Ausweisung einer privaten Grünfläche auf dem rückwärtigen Teil des Grundstück Flst.Nr. 1187/3 sowie im Zusammenhang mit der Behandlung der "umweltschützenden Belange" unterlaufenen Fehler, da diese dazu zwingen, die zur Vermeidung und zum Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu ergreifenden Maßnahmen völlig neu zu überdenken .

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 GKG auf 15.000 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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