Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 06.02.2004
Aktenzeichen: 8 S 2185/03
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 98
ZPO § 485 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 487 Nr. 4
Das nach § 98 VwGO i.V.m. § 485 Abs. 2 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist nur dann im Sinne des § 487 Nr. 4 ZPO hinreichend dargelegt, wenn der Antragsteller nachvollziehbar vorträgt, dass ihm ein Anspruch gegen den Antragsgegner zustehen könnte, falls die unter Beweis gestellten Tatsachen vorliegen (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 3.7.1995 - 8 S 1407/95 - <juris>).
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

8 S 2185/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen selbständiges Beweisverfahren

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Stumpe sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk und Dr. Christ

am 6. Februar 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. August 2003 - 18 K 5782/02 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach §§ 98 VwGO, 485 Abs. 2 ZPO zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil er nicht den Darlegungsanforderungen des § 487 ZPO genügt. Daran hat auch das Beschwerdevorbringen nichts geändert. Zwar ist einzuräumen, dass die unter Beweis gestellten Tatsachen im Wesentlichen im Sinne des § 487 Nr. 2 ZPO bezeichnet sind, nachdem der Antragsteller mit Schriftsatz vom 30.7.2003 anhand eines Lageplans näher dargelegt hat, wo sich die behaupteten Mängel befinden sollen. Es trifft auch zu, dass vom Antragsteller keine sachverständigen Angaben zu Ursachen und Folgen der genannten Mängel verlangt werden können; daher dürfte es nicht zu beanstanden sein, wenn er etwa zur Frage, worauf sich die im Beweisantrag Ziff. 2 (Bl. 3, 111 der VG-Akte) behaupteten Undichtigkeiten an der Böschung zurückführen lassen, im Schriftsatz vom 19.8.2003 lediglich Vermutungen angestellt hat. Gemäß § 487 Nr. 4 ZPO sind jedoch auch die Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens begründen sollen. Daran fehlt es hinsichtlich sämtlicher Beweisanträge.

Das hier in Rede stehende selbständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO ist nur dann zulässig, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Einholung des Sachverständigenbeweises hat. Wegen des Schlichtungszwecks des selbständigen Beweisverfahrens kann dies zwar nicht bedeuten, dass die Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits zweifelsfrei feststehen muss (so wohl VG Köln, Beschl. v. 25.10.2000 - 11 (2) I 1/00, NWVBl. 2001, 108, 109). Am rechtlichen Interesse fehlt es jedoch dann, wenn die vom Sachverständigen zu treffenden Feststellungen für die Rechtsbeziehungen der Beteiligten offenkundig ohne Bedeutung sind (vgl. Senatsbeschl. v. 3.7.1995 - 8 S 1407/95 -; ebenso Baumbach/Lauterbach, ZPO, 61. Aufl., § 485 Rn. 8; Stein/Jonas, Bd. 4/2, 21. Aufl., § 485 Rn. 23 m.w.N.). Daraus folgt mit Blick auf das Darlegungsgebot des § 487 Nr. 4 ZPO, dass der Antragsteller einen Sachverhalt vortragen und im Bestreitensfalle auch glaubhaft machen muss, nach dem wenigstens nachvollziehbar erscheint, dass ihm Ansprüche gegen den Antragsgegner zustehen könnten, falls die unter Beweis gestellten Tatsachen vorliegen (vgl. Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 485 Rn. 9; Stein/Jonas a.a.O., § 487 Rn. 7; Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 487 Rn. 6). Das ist hier nicht geschehen.

Das gilt einmal für den Beweisantrag Ziff. 1 (Bl. 3, 111 der VG-Akte). Dabei kann dahinstehen, ob es an der Entscheidungserheblichkeit der festzustellenden Tatsachen für einen eventuellen Verwaltungsrechtsstreit schon deshalb offensichtlich fehlt, weil sie sich auf Pflichten des Antragsgegners aus einer zivilrechtlichen Vereinbarung beziehen, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat. Denn jedenfalls hat der Antragsteller die Grunddienstvereinbarung, in der die Bearbeitung seines Grundstücks nach DIN 18917 geregelt ist, nicht mit dem Antragsgegner, sondern mit der Gemeinde Rosengarten als Inhaberin der Dienstbarkeit geschlossen (Bl. 55 ff der VG-Akte); hierauf hat der Antragsgegner im Übrigen bereits im Schriftsatz vom 29.4.2003 hingewiesen. Daher ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller aus dieser Vereinbarung Erfüllungsansprüche gegen den Antragsgegner sollte herleiten können. Daran ändert auch nichts, dass die Vertragspartner möglicherweise von einer Erfüllung durch den Antragsgegner ausgegangen sind ("durch den Wasserverband"). Denn es liegt auf der Hand, dass diese Vereinbarung dem nicht an ihr beteiligten Antragsgegner keine über die Auflagen der Plangenehmigung hinausreichenden Pflichten auferlegen konnte. Dasselbe gilt hinsichtlich der Beweisanträge Ziff. 6 und 7 (Bl. 3 f. der VG-Akte). Auch insoweit hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 29.4.2003 seine Verantwortlichkeit verneint, weil sich die Gemeinde Rosengarten gegenüber dem Antragsteller zum Auftrag des Humus verpflichtet habe (Beweisantrag Ziff. 6) und die Wasserschächte nicht von ihr, sondern von der Gemeinde Rosengarten ausgeführt worden seien (Antrag Ziff. 7). Dem hat der Antragsteller nicht widersprochen. Daher ist auch insoweit nicht nachvollziehbar, dass die unter Beweis gestellten Tatsachen für die rechtlichen Beziehungen der Beteiligten Bedeutung erlangen könnten.

Hinsichtlich des Beweisantrags Ziff. 1 ist das rechtliche Interesse auch dann nicht hinreichend dargetan, wenn zugunsten des Antragstellers unterstellt wird, dass er sich auf die Auflage Ziff. III 2.5 der Plangenehmigung des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 26.1.1998 stützt. Zwar ist immerhin möglich, dass diese Auflage dem Antragsteller ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erfüllung gibt. Vereinzelt wird auch die Auffassung vertreten, dass der Betroffene die Erfüllung einer seinem Schutze dienenden Auflage in einem Planfeststellungsbeschluss unmittelbar vom Vorhabenträger verlangen kann und nicht darauf verwiesen ist, ein Tätigwerden der Planfeststellungsbehörde zu fordern (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 13.3.1997 - 3 L 7404/94 -; so wohl auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 74 Rn. 23). Jedoch hat der Antragsteller weder behauptet noch dargelegt, dass sein Grundeigentum durch die Hochwasserschutzmaßnahme nachteilig verändert wurde. Zu entsprechendem Vorbringen hätte Anlass bestanden. Denn der Antragsgegner hat im Schriftsatz vom 29.4.2003 ausgeführt, das Vorland auf dem Grundstück des Antragstellers sei schon vor der Hochwasserschutzmaßnahme Überschwemmungsgebiet gewesen und sei im Zuge derselben verbessert worden; zumindest seien die Verhältnisse gleichwertig geblieben. Diesem Vorbringen hat der Antragsteller nicht widersprochen geschweige denn einen abweichenden Sachverhalt glaubhaft gemacht. Trifft das Vorbringen des Antragsgegners zu, können die unter Beweis gestellten Tatsachen jedoch offensichtlich keinen Anspruch des Antragstellers gegen ihn begründen. Aus denselben Gründen ist auch kein rechtliches Interesse an der Feststellung der in Ziff. 4 genannten Tatsachen (Bl. 3 der VG-Akte) dargetan.

Der Beweisantrag Ziff. 2 (Bl. 3, 111 der VG-Akte) bezieht sich auf eine vom Antragsgegner außerhalb der Plangenehmigung vorgenommene "Trockenlegung" des im Eigentum des Antragstellers stehenden "Oberkanals". Es kann offen bleiben, ob insoweit überhaupt eine öffentlich-rechtliche Beziehung zwischen den Beteiligten in Betracht kommen kann. Jedenfalls hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 29.4.2003 unwidersprochen vorgetragen, dass der Schlamm auf Verlangen des Antragstellers aus dem "Oberkanal" ausgebaggert und seitlich an den Böschungen eingebaut worden sei. Trifft dies zu, erscheint ein Folgenbeseitigungsanspruch des Antragstellers ausgeschlossen. Dasselbe gilt hinsichtlich des Beweisantrags Ziff. 3. Auch insoweit hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 29.4.2003 unwidersprochen vorgetragen, dass die Böschung auf Verlangen des Antragstellers mit dem Schlamm aus dem Oberkanal verbaut worden sei. In diesem Fall steht dem Antragsteller offensichtlich auch kein Anspruch gegen den Antragsgegner auf eine zusätzliche Steinabsicherung der von ihm gewünschten Böschung zu.

Mit dem Antrag Ziff. 5 stellt der Antragsteller eine nicht plangerechte Ausführung der Böschung der Hochwasserschutzmaßnahme unter Sachverständigenbeweis. Ohne weitere Darlegung ist jedoch nicht nachvollziehbar, inwiefern dadurch Rechte des Antragstellers verletzt sein könnten.

Hinsichtlich des Beweisantrags Ziff. 8 hat das Verwaltungsgericht schließlich zutreffend angenommen, dass er auf den Anträgen Ziff. 1 bis 7 aufbaue und daher mit diesen abzulehnen sei. Im Übrigen genügt der Antrag Ziff. 8 auch nicht den Darlegungsanforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO. Denn es werden keine bestimmten Tatsachen behauptet und unter Beweis gestellt, vielmehr soll die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen aufdecken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 S. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 S. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück