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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: 9 S 1673/06
Rechtsgebiete: GG, PSchG, VVPSchG


Vorschriften:

GG Art. 7 Abs. 4
GG Art. 12 Abs. 1
PSchG § 3 Abs. 1
PSchG § 4 Abs. 1
PSchG § 5 Abs. 1
PSchG § 5 Abs. 3
PSchG § 8
VVPSchG § 10 Abs. 1
Die Tätigkeit als Lehrer an einer genehmigten Ersatzschule bedarf keiner gesonderten "Unterrichtsgenehmigung".
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

9 S 1673/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Erteilung einer Unterrichtsgenehmigung

hier: Antrag nach § 123 VwGO

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg am 14. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Juni 2006 - 11 K 847/06 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihre Unterrichtstätigkeit an dem deutsch-türkischen Gymnasium xxxx des Türkisch-Deutschen Bildungsvereins xxxxxxxx e.V., hilfsweise im Rahmen eines befristeten Probearbeitsverhältnisses, bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu genehmigen, mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches sowohl für den Haupt- als auch für den Hilfsantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die dem Beschwerdegericht obliegende Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe ergibt keine andere Beurteilung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend auszuführen:

Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches scheitert bereits daran, dass es der von der Antragstellerin begehrten "Unterrichtsgenehmigung" für die Ausübung der Tätigkeit als Lehrerin an einer Ersatzschule nach den hier maßgebenden Bestimmungen des Gesetzes für die Schulen in freier Trägerschaft in der Fassung vom 01.01.1990 (GBl. S. 105; m.sp.Änd.) - PSchG -nicht bedarf und zwar weder für sie noch für den freien Ersatzschulträger, den Türkisch-Deutschen Bildungsverein xxxxxxxx e.V., der im Besitz einer Errichtungs- und Betreibensgenehmigung nach den §§ 4, 5 und 6 PSchG ist.

Nach § 4 Abs. 1 PSchG dürfen Ersatzschulen nur mit Genehmigung der oberen Schulaufsichtsbehörde errichtet und betrieben werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen der §§ 5 und 6 PSchG erfüllt sind. Eine dieser Voraussetzungen ist nach § 5 Abs. 1 a) PSchG für - wie hier - Schulen nach § 3 Abs. 1 PSchG, dass die Schule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den bestehenden öffentlichen Schulen zurücksteht. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 PSchG sind die Anforderungen an die wissenschaftliche Ausbildung der Lehrer erfüllt, wenn eine fachliche und pädagogische Ausbildung sowie Prüfungen nachgewiesen werden, die der Ausbildung und den Prüfungen der Lehrer an entsprechenden öffentlichen Schulen im Werte gleichkommen. Auf diesen Nachweis kann verzichtet werden, wenn die wissenschaftliche, künstlerische oder technische Ausbildung und die pädagogische Eignung des Lehrers anderweitig nachgewiesen wird. Nach Erfüllung auch dieser Voraussetzungen wurde dem Türkisch-Deutschen Bildungsvereins xxxxxxxx e.V. die Genehmigung für Errichtung und Betrieb des xxxx-Gymnasiums unstreitig erteilt.

Weitere Genehmigungen für den Betrieb der Schule sehen weder das Privatschulgesetz noch die Verordnung des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zum Vollzug des Privatschulgesetzes i.d.F.d.B. vom 20.07.1971 (GBl. S. 347; m.sp.Änd.) - VVPSchG - vor. So muss sich insbesondere - anders als in anderen Bundesländern (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 06.04.1990 - 7 B 44/90 -, NVwZ 1990, 864; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 17.08.1994 - 13 L 1378/93 -, NdsVBl 1995, 279; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.12.1983 - 2 B 99/83 -, DÖV 1984, 389) - der Schulträger den beabsichtigten Einsatz eines Schulleiters oder einer Lehrkraft nicht besonders genehmigen lassen. Auch der einzelne Lehrer bedarf einer solchen Genehmigung zur Ausübung seiner Tätigkeit an der Ersatzschule nicht. Zwar ist die Ersatzschule nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 VVPSchG gehalten, Veränderungen ihres Lehrkörpers nach Erteilung der Errichtungs- und Betriebsgenehmigung der zuständigen oberen Schulaufsichtsbehörde anzuzeigen, damit diese prüfen kann, ob die Genehmigungsvoraussetzungen nach wie vor vorliegen (vgl. dazu auch Sächsisches OVG, Urteil vom 27.03.2006 - 2 B 776/04 -, juris). Eine Verpflichtung zur Einholung einer Unterrichtsgenehmigung erwächst daraus für den eine - grundrechtsgeschützte - Unterrichtstätigkeit an einer Ersatzschule anstrebenden Lehrer schon im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 GG aber nicht. Dem Gesetzgeber steht es grundsätzlich frei, die Aufnahme grundrechtsgeschützter Tätigkeiten einem präventiven Genehmigungsvorbehalt zu unterwerfen, um mögliche Gefahren für hochwertige Rechtsgüter von vornherein auszuschließen. Hält er ein behördliches Kontrollverfahren für erforderlich, so muss er diese Entscheidung im Gesetz klar zum Ausdruck bringen und den genehmigungspflichtigen Tatbestand sowie die Voraussetzungen der Genehmigungserteilung oder -versagung hinreichend genau festlegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377; Beschluss vom 05.08.1966 - 1 BvF 1/61 -, BVerfGE 20, 150; Beschluss vom 12.06.1979 - 1 BvL 19/76 -, BVerfGE 52, 1). Ein solcher zusätzlicher Genehmigungsvorbehalt des Gesetzgebers für die Ausübung der Tätigkeit als Lehrer an einer Ersatzschule ist nach Vorstehendem jedoch nicht erfolgt (vgl. zu einer ähnlichen Rechtslage in Bayern auch Bayerischer VGH, Urteil vom 28.02.2006 - 7 B 05.2202 -, juris).

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist danach schon aus diesem Grunde abzulehnen, nachdem die Antragstellerin trotz entsprechenden Hinweises des Senats ohne weitere Äußerung an ihm festgehalten hat. Der Senat sieht auch von sich aus keinen Anlass für eine Prüfung, ob der Antrag in ein anderes vorläufiges Rechtsschutzbegehren umgedeutet werden kann. Denn die Antragstellerin bedarf der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes derzeit nicht. Sie ist ungeachtet der rechtlichen Qualifizierung des Schreibens des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 30.05.2006 und der - noch nicht rechtskräftigen - Abweisung der hiergegen gerichteten Klage (vgl. hierzu das vor dem Senat anhängige Antragsverfahren auf Zulassung der Berufung, AZ.: 9 S 2916/06) jedenfalls derzeit ebenso berechtigt, die angestrebte Tätigkeit als Lehrer an dem xxxx-Gymnasium auszuüben, als auch der Ersatzschulträger sie ohne die Gefahr von Rechtsnachteilen beschäftigen darf, da die Antragstellerin nach erfolgreicher Ablegung sowohl der Wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Deutsch und Französisch und zweier Erweiterungsprüfungen hierzu im Fach Philosophie und im Pädagogikum als auch der Zweiten Staatsprüfung für die Laufbahn des höheren Schuldienstes an Gymnasien die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 a) und Abs. 3 Satz 1 PSchG ohne weiteres erfüllt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Antragsgegner gleichwohl die fachliche und pädagogische Eignung der Antragstellerin für die angestrebte Tätigkeit nicht für gegeben hält, weil im Jahre 2004 von einer Übernahme der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit wegen mangelnder Bewährung in der laufbahnrechtlichen Probezeit habe Abstand genommen und sie vielmehr aus dem Beamtenverhältnis auf Probe habe entlassen werden müssen. Die fehlende "Eignung" einer Person mit nachgewiesener Ausbildung im Sinne des § 5 Abs. 1 a) und Abs. 3 Satz 1 PSchG für die privatrechtliche Tätigkeit als Lehrer an einer Ersatzschule kann allenfalls für eine Maßnahme nach § 8 PSchG zum Anlass genommen werden. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht, abgesehen davon, ob die vom Antragsgegner gezogenen Schlussfolgerungen mit den gesetzlichen und insbesondere auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 7 Abs. 4 und 12 Abs. 1 GG vereinbar sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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