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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.07.2008
Aktenzeichen: 9 S 2810/06
Rechtsgebiete: LVwVfG, ANBest-P


Vorschriften:

LVwVfG § 49a Abs. 1 Satz 1
LVwVfG § 49a Abs. 3
ANBest-P Ziffer 2.1
Die vorläufige Festsetzung der zuwendungsfähigen Kosten eines durch Anteilsfinanzierung geförderten Projekts führt nicht zwingend zur Annahme eines vorläufigen Verwaltungsakts. Wird im Zuwendungsbescheid auf Ziffer 2 Nr. 1 ANBest-P Bezug genommen, liegt vielmehr das Vorliegen einer Bewilligung unter der auflösenden Bedingung der nachträglichen Prüfung tatsächlicher Verwendungsnachweise nahe.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

9 S 2810/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Förderung nach dem GVFG

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 29. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. November 2005 - 7 K 4765/03 - und - 7 K 4767/03 - geändert. Die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Verfahren in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verzinsung zurückzuerstattender Fördermittel.

Die Klägerin betreibt ein Verkehrsunternehmen im öffentlichen Personennahverkehr. Sie beabsichtigte, auf Grundlage einer Baugenehmigung vom 01.07.1986, den Neubau eines Omnibusbetriebshofs in XXXXXXXXXXXXXXX für 71 Buseinheiten in drei Bauabschnitten und beantragte hierfür Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Mit Zuwendungsbescheid vom 17.12.1986 bewilligte der Beklagte eine Zuwendung in Höhe von 2 Millionen Deutsche Mark für den ersten Bauabschnitt. Die Projektförderung erfolgte im Wege der Anteilsfinanzierung mit einem Fördersatz von 85 %. Die zuwendungsfähigen Gesamtkosten wurden auf Grundlage der von der Klägerin im Antrag gemachten Angaben vorläufig auf 10.534.200,-- DM festgestellt. Unter Ziff. 3 Nebenbestimmungen wurde u.a. die "beigefügte ANBest-P" - die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung, Anlage 2 zu den VV zu § 44 LHO (GABl. 1983 S. 1014) - zum Bestandteil des Bescheids erklärt. Darüber hinaus sahen die Nebenbestimmungen einen Widerrufsvorbehalt für den Fall vor, dass die Mittel nicht entsprechend dem Zuwendungszweck verwendet werden.

Der Omnibusbahnhof wurde im Jahr 1989 in Betrieb genommen. Die Realisierung entsprach aber in weiten Teilen nicht den dem Bewilligungsbescheid zugrunde gelegten und genehmigten Plänen: so sind etwa die Tankstelle, die Abstellhalle und die Überdachungen nicht hergestellt worden. Auf die Realisierung des dritten Bauabschnitts, der ohne staatliche Zuschüsse errichtet werden sollte, verzichtete die Klägerin ganz. Insbesondere aber sind nicht 71, sondern nur 38 Buseinheiten geschaffen worden, weil die Klägerin ihre betriebliche Organisation neu strukturierte. Um die Fahrstrecke zwischen WXX-XXXXX und BXXXXX zu vermeiden, waren die 33 im Stadtverkehr von BXXX-XXX eingesetzten Busse in BXXXXXX abgestellt worden. Im Jahr 2002 erstellte die Klägerin hierfür einen Omnibusbahnhof in BXXXXXX, der ebenfalls durch Zuwendungen des Beklagten gefördert wurde.

Durch die Teilverlagerung des Betriebs nach BXXXXX und die hieraus resultierenden Änderungen bei der Erstellung des Omnibusbahnhofs in XXXXX-XXXXXXXXX veränderten sich auch die zuwendungsfähigen Gesamtkosten des Projekts. Die Oberfinanzdirektion Stuttgart ging im Prüfbericht vom 29.06.1994 von einer Reduktion der zuwendungsfähigen Gesamtkosten auf 8.344.588,73 DM aus. Nach abschließender Prüfung der Verwendungsnachweise im Bauausgabetagebuch und nach Anhörung der Klägerin stellte der Beklagte mit Schlussbescheid vom 12.06.2003 die zuwendungsfähigen Gesamtkosten auf 8.747.322,-- DM fest. Angesichts des Fördersatzes von 85 % ergab sich so eine Zuwendung von 7.435.224,-- DM und damit eine Rückforderung bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 451.679,-- EUR. Für den Zeitraum vom 01.01.1988 bis zum 26.05.2003 setzte der Beklagte eine im Einzelnen aufgeschlüsselte Zinsforderung in Höhe von insgesamt 385.017,74 EUR fest, die für den Zeitraum ab 01.01.2003 durch Änderungsbescheid vom 22.09.2003 teilweise reduziert und auf insgesamt 380.143,05 EUR festgelegt wurde.

Mit der zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage - 7 K 4765/03 - hat sich die Klägerin gegen die Zinsforderung für die Zeit vom 01.01.1988 bis zum 17.09.2001 in Höhe von 343.006,96 EUR gewandt; der Schlussbescheid im Übrigen ist nicht angefochten worden. Zur Begründung hat sie vorgetragen, eine Rechtsgrundlage für diese Zinsforderung bestehe nicht. § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG könne nicht herangezogen werden, weil die Vorschrift nur für die in Absatz 1 der Regelung benannten Fälle Anwendung finde. Der Zuwendungsbescheid sei jedoch weder zurückgenommen oder widerrufen, noch sei er infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden. Vielmehr müsse der Zuwendungsbescheid als vorläufiger Verwaltungsakt qualifiziert werden. Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei daher nur der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, für den es keine rückwirkende Verzinsungspflicht gebe.

Mit Bescheid vom 16.09.2003 bewilligte der Beklagte der Klägerin eine Zuwendung in Höhe von 734.000,-- EUR für ein anderes Projekt zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. In Ziffer 2 dieses Bescheids erklärte er die Aufrechnung mit der genannten streitigen Zinsforderung in Höhe von 343.006,96 EUR. Dabei stellte der Beklagte klar, dass die Aufrechnungserklärung keinen Verwaltungsakt darstelle, sondern als Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts zu begreifen sei.

Mit der am 22.10.2003 zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage - 7 K 4767/03 - begehrt die Klägerin die Auszahlung des einbehaltenen Restbetrags nebst Prozesszinsen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die vom Beklagten behauptete Gegenforderung mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht bestehe.

Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit Urteilen vom 29.11.2005 stattgegeben, den Schlussbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.06.2003 aufgehoben, soweit damit Zinsen auf den Rückzahlungsbetrag von mehr als 37.136,09 EUR festgesetzt worden sind (7 K 4765/07) und die Beklagte zur Zahlung des einbehaltenen Restbetrags von 343,006,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab 22.10.2003 verurteilt (7 K 4767/07). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Zinsanspruch sei unbegründet, weil der Beklagten hierfür eine Anspruchsgrundlage nicht zustehe. Zwar könne sich eine Verzinsungspflicht für einen Rückforderungsanspruch grundsätzlich aus § 49a Abs. 3 LVwVfG ergeben; dies setze jedoch voraus, dass es sich bei der Hauptforderung um einen Erstattungsanspruch im Sinne des § 49a Abs. 1 LVwVfG handele. Nur für die dort ausdrücklich genannten Fälle sei in § 49a Abs. 3 LVwVfG eine Zinsregelung geschaffen worden. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf andere Unwirksamkeitskonstellationen scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus, weil insoweit auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zurückgegriffen werden könne. Dieser stelle zwar eine Rechtsgrundlage für die Rückforderung einer zuviel gezahlten Zuwendung dar; ein rückwirkender Zinsanspruch ergebe sich hieraus jedoch nicht. Ein in § 49a Abs. 1 LVwVfG geregelter Unwirksamkeitsgrund liege jedoch nicht vor, vielmehr habe es sich bei der Grundbewilligung um einen vorläufigen Verwaltungsakt gehandelt, was sich bereits daraus ergebe, dass die zuwendungsfähigen Gesamtkosten ausdrücklich nur vorläufig festgesetzt worden seien. Damit fehle es aus der maßgeblichen Sicht des Adressaten an einer endgültigen Regelung, so dass der Zuwendungsbescheid insgesamt nur als vorläufige Regelung angelegt sei.

Hiergegen richten sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufungen des Beklagten. Er beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. November 2005 - 7 K 4765/03 und 7 K 4767/03 - aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe die Bestandskraft der Erstattungsforderung übersehen, mit der die Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheids rechtssicher festgestellt sei. Im Rahmen der Zinsforderung nach § 49a Abs. 3 LVwVfG finde eine erneute Prüfung hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen daher nicht statt. Da es sich bei der Rückforderung um einen Erstattungsanspruch gemäß § 49a Abs. 1 LVwVfG gehandelt habe, folge die Zinspflicht unmittelbar aus § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG. Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Grundbewilligung um einen vorläufigen Verwaltungsakt handele. Eine vorläufige Feststellung treffe der Zuwendungsbescheid nur in Teilen: nämlich in Bezug auf die zuwendungsfähigen Gesamtskosten des Projekts. Dies ergebe sich bereits daraus, dass es sich um eine Berechnung aufgrund veranschlagter Kosten handele, für die nachfolgend von der Klägerin Verwendungsnachweise erbracht werden müssten. In rechtlicher Hinsicht bewirke dies jedoch nicht die Charakterisierung des Bescheids als vorläufigen Verwaltungsakt; vielmehr stehe die Bewilligung unter der auflösenden Bedingung einer Ausgabenveränderung, was in Ziff. 2 ANBest-P auch hinreichend klargestellt sei. Ergebe die Prüfung der Verwendungsnachweise eine Minderung der zuwendungsfähigen Ausgaben, so ermäßige sich auch die Zuwendung aufgrund der auflösenden Bedingung automatisch.

Im Übrigen sei in der Schlussabrechnung auch konkludent der Widerruf der entgegenstehenden Bewilligung enthalten, weil der Förderzweck durch das geänderte Betriebskonzept der Klägerin nicht mehr vollständig habe erfüllt werden können. Eine ausdrückliche Bezugnahme hierauf sei entbehrlich gewesen, weil die Klägerin die Zweckverfehlung nicht in Frage gestellt und dementsprechend die Rückforderung selbst auch nicht angegriffen habe. Hilfsweise könne der Zinsanspruch im Übrigen auch aus § 49a Abs. 4 Satz 1 LVwVfG abgeleitet werden, weil die Fördergelder nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet worden seien.

Die Zahlungsklage erweise sich bereits als unzulässig, weil das gleiche Angriffsziel wie im Verfahren 7 K 4765/03 vorliege. Bei einer rechtskräftigen Aufhebung der Zinsfestsetzung im Bescheid vom 12.06.2003 sei der Beklagte ohnehin zur Erstattung der einbehaltenen Leistungen verpflichtet. Insoweit bestehe jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis für die zusätzlich erhobene Leistungsklage.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie trägt vor, aus der Bestandskraft der Erstattungsforderung ergebe sich nicht, dass es sich um einen Anspruch im Sinne des § 49a Abs. 1 LVwVfG handele. Nur für diese Fälle komme die Anspruchsgrundlage des § 49a Abs. 3 LVwVfG für einen Zinsanspruch indes zur Anwendung. Eine der dort genannten Fallgruppen liege nicht vor. Zwar sei der Beklagte im Hinblick auf die nachträgliche Verfehlung des Nutzungszwecks verpflichtet gewesen, den Zuweisungsbescheid teilweise zu widerrufen; ein entsprechender Widerruf könne dem Bescheid jedoch nicht entnommen werden. In der Schlussabrechnung seien vielmehr die nachträgliche Zweckverfehlung und die Ermäßigung der zuwendungsfähigen Kosten vermengt und insgesamt als Ermäßigung der zuwendungsfähigen Kosten behandelt worden. Folgerichtig habe sich der Beklagte in der Begründung auch auf die Vorläufigkeit der Grundbewilligung berufen. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht überdies festgestellt, dass der Bescheid im Falle des Widerrufs eine konkrete Bestimmung des auf den Widerruf entfallenden Anteils enthalten müsse. Angesichts der Regelungssystematik des Schlussbescheids vom 12.06.2003 müsse sich der Beklagte deshalb daran festhalten lassen, dass er die Zuvielzahlung insgesamt als Ermäßigung der zuwendungsfähigen Kosten behandelt und die Unwirksamkeit der Grundbewilligung auf deren Vorläufigkeit gestützt habe.

Entgegen der Auffassung des Beklagten liege auch keine auflösende Bedingung vor. Zwar könne Ziff. 2 der dem Zuwendungsbescheid vom 17.12.1986 beigefügten ANBest-P bei isolierter Betrachtung als auflösende Bedingung verstanden werden. Dieser Auslegung stehe jedoch der übrige Inhalt des Zuwendungsbescheids entgegen. Wie das Verwaltungsgericht richtig erkannt habe, sei der Zuwendungsbescheid hinsichtlich der Höhe der zuwendungsfähigen Kosten vielmehr als vorläufiger Verwaltungsakt angelegt, dem in jedem Fall nach Vorlage und Prüfung der Verwendungsnachweise ein Schlussbescheid folgen müsse. Die endgültige Festsetzung der zuwendungsfähigen Kosten sei daher von vornherein einem späteren Bescheid vorbehalten gewesen, der allein den Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen der Zuwendung darstellen könne. Im Übrigen habe die nachträgliche Verfehlung des Nutzungszwecks keine Ermäßigung der zuwendungsfähigen Kosten zur Folge, so dass insoweit selbst bei Annahme des Bedingungseintritts eine Reduzierung der Zuwendung nicht vorliege. Schließlich könne eine etwaige Zinspflicht allenfalls ex nunc ab Feststellung der Ermäßigung der Gesamtausgaben im Schlussbescheid vom 12.06.2003 eingetreten sein. Auf die abweichende Regelung in Ziff. 5 VV-LHO zu § 44a LHO könne schon deshalb nicht rekurriert werden, weil diese dem Bescheid nicht beigefügt gewesen sei. Soweit der Beklagte nunmehr auf § 49a Abs. 4 Satz 1 LVwVfG verweise, mache er einen selbstständigen Anspruch geltend, für den ein Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt worden sei.

Auch die Zahlungsklage sei begründet. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehe eine anderweitige Rechtshängigkeit bereits mangels Identität des Streitgegenstands nicht.

Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts - 7 K 4765/03 und 7 K 4767/07 - und die Behördenakten der Beklagten vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen und zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Berufungen des Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, haben Erfolg. Die Teilanfechtungsklage der Klägerin gegen die Zinsforderung im Schlussbescheid des Beklagten vom 12.06.2003 ist unbegründet, so dass die Klage vom Verwaltungsgericht hätte abgewiesen werden müssen (I.). Damit hätte das Verwaltungsgericht auch der Zahlungsklage nicht stattgeben dürfen (II.).

I. Die zulässige Teilanfechtung gegen die im Bescheid vom 12.06.2003 festgesetzte Zinsforderung ist unbegründet. Der Anspruch findet in § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage (1.). Die in dieser Regelung statuierten Voraussetzungen sind erfüllt, weil der Zuwendungsbescheid vom 17.12.1986 durch Eintritt einer auflösenden Bedingung teilweise unwirksam geworden ist (2.) und dem Beklagten somit der geltend gemachte Zinsanspruch zusteht (3.).

1. Rechtsgrundlage für den vom Beklagten festgesetzten Zinsanspruch ist § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG, wonach der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen ist. Diese Vorschrift ist zwar erst am 01.08.1991 und damit nach Erlass des Zuwendungsbescheids in Kraft getreten. Gemäß Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes und des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 25.04.1991 (GBl. S. 223) findet sie jedoch auch auf Verwaltungsakte Anwendung, die vor ihrem Inkrafttreten erlassen worden sind.

2. Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung liegen die Voraussetzungen des § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG für den streitigen Zeitraum vor.

a) Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, ob die Vorschrift für den sogenannten "vorläufigen Verwaltungsakt" tatsächlich keine Anwendung finden kann, wie das Verwaltungsgericht meint. Der Wortlaut des § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG bietet hierfür indes kein Indiz. Da das Landesverwaltungsverfahrensgesetz den vorläufigen Verwaltungsakt als solchen nicht kennt, lässt sich aus der Tatsache, dass diese Fallgruppe in § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG nicht ausdrücklich benannt worden ist, nicht ableiten, dass die Vorschrift für die unter der Bezeichnung des vorläufigen Verwaltungsakts zusammengefassten Fallgruppen keine Anwendung finden soll. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die Vorläufigkeit eines entsprechenden Verwaltungsakts auf ganz unterschiedliche Weise erreicht und konstruiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99). Die Interessenlage steht einer Erstreckung der Regelungen des § 49a LVwVfG auf den vorläufigen Verwaltungsakt aber nicht entgegen, weil der Zuwendungsempfänger hier um die Vorläufigkeit seiner Rechtsposition weiß und sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf ein dauerhaftes Behaltendürfen der gewährten Leistung daher nicht herausbilden kann. Jedenfalls hinsichtlich der in § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG vorgesehenen Möglichkeit des rückwirkenden Zinsanspruchs kann auch das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Eine Lücke liegt angesichts der beim öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch fehlenden Anspruchsgrundlage für entsprechende Zinsforderungen vor; dass diese dem Gesetzgeber auch bewusst war, ist nach den vorliegenden Erkenntnissen eher fraglich (vgl. hierzu Suerbaum, VerwArch 1999, 361 [380 f.]).

Die Frage kann jedoch dahin stehen, weil vorliegend eine von § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ausdrücklich geregelte Fallkonstellation vorliegt. Die Teilunwirksamkeit des Zuwendungsbescheids beruht auf dem Eintritt einer auflösenden Bedingung.

b) Der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Zuwendungsbescheid vom 17.12.1986 als vorläufiger Verwaltungsakt eingestuft werden müsse, kann nicht gefolgt werden. Die im Bescheid ausgesprochene Bewilligung selbst ist vielmehr endgültig und hängt nicht von einem erst später zu erlassenden Regelung ab (vgl. zu abweichenden Ausgestaltungen etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.10.1997 - 16 A 2749/95 -, NJW 1998, 1010). Dies gilt auch für den Berechnungsmaßstab der endgültigen Zuwendung, denn der Fördersatz von 85 % ist abschließend und verbindlich im Bescheid geregelt (vgl. zur Annahme eines vorläufigen Verwaltungsakts bei noch offener Berechnungsgrundlage Senatsurteil vom 19.07.2005 - 9 S 2278/03 -, NVwZ-RR 2006, 154). Sowohl hinsichtlich der Bewilligung der Förderung selbst als auch hinsichtlich der Berechnungsmodalitäten vermittelte der Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 17.12.1986 daher eine gesicherte Rechtsposition, die der Annahme eines vorläufigen Verwaltungsakts entgegensteht.

c) Als vorläufig erweist sich der Zuwendungsbescheid nur in Bezug auf den Betrag der Förderung, weil dieser sich anteilig aus den bei der Realisierung des Projekts entstehenden Gesamtkosten ergibt, die im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht bekannt sein können. Die Vorläufigkeit des Ansatzes der zuwendungsfähigen Kosten beruht daher auf dem Umstand, dass diese im Zeitpunkt der Zuwendungsgewährung auf Basis der Kostenvoranschläge geschätzt werden müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.09.1996 - 1 S 2941/94 -).

Die Konzeption des Zuwendungsbescheids macht somit die nachfolgende Prüfung der tatsächlich angefallenen Gesamtkosten erforderlich, was durch die in Ziff. 3.1 des Zuwendungsbescheids statuierte Auflage des Nachweises für die erbrachten Verwendungen deutlich wird. Nach Ziff. 2.1 ANBest-P, die gemäß Ziff. 3 des Zuwendungsbescheides Bestandteil desselben sind und diesem unstreitig auch beigefügt waren, ermäßigt sich die Zuwendung entsprechend, wenn sich die Gesamtausgaben nachträglich als geringer erwiesen haben. Die Vorläufigkeit der Feststellung der zuwendungsfähigen Gesamtkosten im Zuwendungsbescheid ist daher dem prognostischen Charakter der Kostenkalkulation geschuldet und durch den Nachweis der tatsächlich aufgebrachten Mittel bedingt. Erweisen sich die tatsächlichen Projektkosten nach Prüfung der vorgelegten Verwendungsnachweise als niedriger, so "tritt der frühere Rechtszustand wieder ein" (§ 158 Abs. 2 BGB), mit der Folge, dass der erhöhte Zuwendungsansatz unwirksam wird.

Der Zuwendungsbescheid vom 17.12.1986 weist in seiner rechtlichen Konstruktion damit eine endgültige Förderentscheidung auf, die hinsichtlich der festgesetzten Förderhöhe unter der auflösenden Bedingung steht, dass sich die zuwendungsfähigen Gesamtkosten nach Prüfung der eingereichten Verwendungsnachweise nicht als niedriger erweisen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Aufl. 2008, § 35 Rdnr. 248).

d) Von dieser Konzeption geht ersichtlich auch der angefochtene Schlussbescheid des Beklagten vom 12.06.2003 aus, der in Ziff. 1 feststellt, dass die Grundbewilligung im Umfang der Zuvielzahlung von 451.679,-- EUR unwirksam ist. Denn diese Unwirksamkeit ist ausweislich der Begründung unmittelbare Folge der bei Prüfung der Verwendungsnachweise festgestellten Verminderung der zuwendungsfähigen Gesamtkosten. Durch die Feststellung des abschließenden Prüfergebnisses und der tatsächlichen Gesamtkosten ist die auflösende Bedingung eingetreten und der Zuwendungsbescheid vom 17.12.1986 damit insoweit unwirksam. Dem entspricht auch die Begründung des Bescheids vom 12.06.2003, die ausdrücklich darauf Bezug nimmt, dass die Zuwendung "auflösend bedingt durch das tatsächliche Rechnungsergebnis der Schlussverwendung" bewilligt worden war (S. 11).

Die Auslegung des Zuwendungsbescheids vom 17.12.1986 und des Schlussbescheides vom 12.06.2003 lassen daher keinen Zweifel daran, dass sich die Vorläufigkeit der Zuwendungsentscheidung nur aus der Tatsache ergibt, dass die festgelegte Höhe der zuwendungsfähigen Gesamtkosten unter der auflösenden Bedingung der nachträglichen Prüfung der tatsächlichen Verwendung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.1983 - 3 C 8/82 -, BVerwGE 67, 99). Ziff. 2 Nr. 1 ANBest-P beinhaltet daher auch bei Berücksichtigung des Gesamtregelungsgefüges des Zuwendungsbescheids des Beklagten vom 17.12.1986 eine auflösende Bedingung, nach deren Eintritt der Erstattungsbetrag gemäß § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG grundsätzlich vom Zeitpunkt der Auszahlung an verzinst werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2002 - 8 C 30.01 -, BVerwGE 116, 332).

e) Auf die weiterhin vom Verwaltungsgericht in Zweifel gezogene Frage, ob die VV zu § 44a LHO wirksam zum Gegenstand des Zuwendungsbescheids gemacht worden ist, kommt es nicht an. Die Feststellung in Ziff. 1 des Schlussbescheids vom 12.06.2003, nach der die Grundbewilligung im Umfang der Zuvielzahlung mit Wirkung vom 31.12.1987 unwirksam geworden ist, hat die Klägerin nicht angegriffen. Ob die Regelung auf Ziff. 5 Satz 4 der VV zu § 44a LHO oder auf eine andere Anspruchsgrundlage gestützt werden könnte, ist daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Hinsichtlich des allein streitigen Zinsanspruchs aber bestimmt bereits § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG, dass der Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts an zu verzinsen ist. Die Rückwirkung des Zinsanspruchs ergibt sich daher bereits aus dem Gesetz, ohne dass es auf eine entsprechende Regelung im Zuwendungsbescheid ankommt.

Da aber - wie ausgeführt - ein Fall des § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG vorliegt und der Zeitpunkt der Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheides bestandskräftig festgestellt ist, ergibt sich die Möglichkeit einer Zinsforderung ab dem 01.01.1998 unmittelbar aus § 49a Abs. 3 Satz 1 LVwVfG.

3. Bedenken gegen die festgesetzte Höhe der Förderung bestehen nicht.

a) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts umfasst der Vorbehalt der Schlussprüfung den kompletten Umfang der vom Beklagten angenommenen Reduktion der zuwendungsfähigen Kosten auf 8.747.322,-- DM. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin höhere zuwendungsfähige Ausgaben nicht getätigt hat und die als Anteilsfinanzierung konzipierte Zuwendung daher gemäß Ziff. 2.1 ANBest-P zu ermäßigen ist. Die vom Verwaltungsgericht geforderte Differenzierung der Anteile auf diejenigen Kosten, die sich auf die nicht zweckentsprechende Bauausführung zurückführen lassen und derjenigen Überzahlungen, die sich trotz Zweckentsprechung ergeben haben, ist dabei nicht erforderlich, weil beide Fallgruppen unter die in Ziff. 2.1 ANBest-P genannte Bedingung fallen und unterschiedliche Rechtsfolgen damit nicht ersichtlich sind. Die Aufspaltung erscheint auch der Sache nach nicht geboten, weil die Klägerin in beiden Fällen Zuwendungen erhalten hat, die weder vom Zuwendungsbescheid noch vom Zuwendungszweck gedeckt waren.

b) Hinsichtlich der Höhe der vom Beklagten abschnittsweise festgesetzten Zinsen sind Einwände weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

c) Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Entscheidung des Beklagten, nicht von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abzusehen (vgl. § 49a Abs. 3 Satz 2 LVwVfG). Der Beklagte hat das ihm hinsichtlich der Erhebung von Erstattungszinsen eingeräumte Ermessen erkannt und von ihm in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Zu Recht hat er darauf verwiesen, dass die Klägerin den wirtschaftlichen Vorteil der Zuwendung in Form ersparter Zinsen für eine sonst notwendige Darlehensaufnahme im fraglichen Zeitraum nutzen konnte. Zutreffend ist auch die Einschätzung, dass die Umstände, die zum Eintritt der auflösenden Bedingung geführt haben, allein im Verantwortungsbereich der Klägerin liegen. Denn diese hatte sich aus betriebsorganisatorischen Gründen für eine Abänderung des Projekts entschieden. Es entspricht daher sowohl der Billigkeit der konkreten Fallgestaltung als auch dem Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung staatlicher Haushaltsmittel, wenn der Vorteil der zu Unrecht ausbezahlten Zuwendungen nachträglich durch die Geltendmachung eines Zinsanspruchs abgeschöpft wird.

II. Auch die von der Klägerin erhobene Zahlungsklage bleibt ohne Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klage jedoch zulässig. Ihr steht die Rechtshängigkeit der Teilanfechtungsklage gegen den Bescheid vom 12.06.2003 nicht entgegen, weil jeweils unterschiedliche Streitgegenstände anhängig gemacht worden sind (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG, § 90 Abs. 1 VwGO). Zwar hätte angesichts der Tatsache, dass materiell um denselben Anspruch gestritten wird, der Erlass eines Vorbehaltsurteils nach § 173 VwGO i.V.m. § 302 Abs. 1 ZPO nahe gelegen, um eine Divergenz hinsichtlich der nicht rechtskräftig entschiedenen Gegenforderung zu vermeiden. Die Frage kann vorliegend jedoch dahinstehen, weil ein Auseinanderfallen der mit unterschiedlichen Klagen verfolgten Streitgegenstände durch den Verbindungsbeschluss des Senats nicht mehr eintreten kann. Im Übrigen sind die Klagen nunmehr auch abgewiesen worden.

Der Klage kann auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, weil sich der Beklagte mit der Aufrechnungserklärung eine sofortige Erfüllung des Zinsanspruchs verschafft hat, die die Klägerin nur mit der erhobenen Klage beseitigen kann. Schließlich erweist sich die Leistungsklage als statthafte Klageart, weil die Aufrechnungserklärung keinen Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.1982 - 3 C 6/82 -, BVerwGE 66, 218).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil dem Beklagten der mit der Aufrechnung geltend gemachte Zinsanspruch zusteht - wie unter I. bereits ausgeführt wurde - und damit die Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung nach § 387 BGB gegeben waren. Denn die aufschiebende Wirkung der eingelegten Rechtsmittel hindert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar die Vollziehung des Leistungsbescheids, nicht aber dessen Wirksamkeit, so dass die eingetretene Fälligkeit der Forderung durch den von der Klägerin eingelegten Rechtsbehelf nicht wieder beseitigt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.1982 - 3 C 6/82 -, BVerwGE 66, 218 [221]).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Beschluss

vom 29. Juli 2007

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 343.006,96 EUR festgesetzt, weil die unterschiedlichen Klaganträge dieselbe materielle Forderung betreffen (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3, 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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