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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 12.12.2000
Aktenzeichen: PL 15 S 1212/00
Rechtsgebiete: LPVG


Vorschriften:

LPVG § 79 Abs. 1 Nr. 5
LPVG § 79 Abs. 3 Nr. 6
Zum Mitbestimmungstatbestand "Fragen der Lohngestaltung".
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

PL 15 S 1212/00

Verkündet am 12.12.2000

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Feststellung

hat der 15. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - Fachsenat für Personalvertretungssachen - durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Riedinger, die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Wiegand und die ehrenamtlichen Richter Angestellter Bussmann und Oberamtsrat Vogelwaid

am 12. Dezember 2000

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) - vom 29. Februar 2000 - P 11 K 6/98 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Auf Grund einer entsprechenden Empfehlung des Hauptausschusses des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg vom 22.10.1997 gab die Stadt Ulm Anfang des Jahres 1998 bekannt, dass Angestellte, Arbeiter und Auszubildende, die ab dem 01.04.1998 eingestellt würden, keinen Anspruch auf Beihilfe in Krankheitsfällen hätten. Mit Schreiben vom 24.02.1998 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, dass die Umsetzung der Empfehlung ohne Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens erfolge. Ab dem 01.04.1998 wurde folgende Nebenabrede als gesondertes Beiblatt in den jeweiligen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag aufgenommen:

"Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01. November 1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellten sowie Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge finden auf dieses Arbeitsverhältnis keine Anwendung."

oder

"Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01. November 1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge finden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis (bzw. Ausbildungsverhältnis) keine Anwendung."

Am 20.10.1998 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen - Fachkammer für Personalvertretungssachen - das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und zuletzt beantragt festzustellen, dass er bei der Einstellung von Angestellten und Angestelltenauszubildenden sowie bei der Einstellung von Arbeitern und Handwerkerauszubildenden bezüglich des Ausschlusses der Bewilligung von Beihilfen im Krankheitsfall ein Mitbestimmungsrecht habe, und ferner, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch die Verwendung von Formulararbeitsverträgen verletzt werde, hilfsweise, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch die Änderung des Inhalts der Formulararbeitsverträge seit dem 01.04.1998 verletzt werde, in denen unter Ziff. 8 die neue Klausel enthalten ist: "Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellte sowie an Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge finden auf dieses Arbeitsverhältnis keine Anwendung" bzw. "die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge finden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis (bzw. Ausbildungsverhältnis) keine Anwendung". Er hat geltend gemacht, dass ihm hinsichtlich des Ausschlusses der Beihilfegewährung beim Abschluss neuer Arbeits- und Ausbildungsverträgen nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG ein Mitbestimmungsrecht zustehe, da es sich hierbei um eine Frage der Lohngestaltung handele. Die Lohngestaltung betreffe insgesamt das Entgelt des Arbeitnehmers. Entgeltcharakter hätten daher auch Beihilfeleistungen. Wegen der im Jahre 1970 erfolgten Kündigung der Tarifverträge vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellte sowie an Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge sowie über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge ergebe sich die Anwendung der alten tarifvertraglichen Regelungen bezüglich der schon Beschäftigten ausschließlich aus § 4 Abs. 5 TVG. Die Nachwirkungen eines ausgelaufenen Tarifvertrages aus § 4 Abs. 5 TVG stünden - solange kein neuer Tarifvertrag abgeschlossen sei - dem Mitbestimmungsrecht nicht entgegen. Ferner werde sein Mitbestimmungsrecht aus § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG verletzt, da die Dienststelle seit dem 01.04.1998 geänderte Arbeitsverträge verwende. Hierbei handele es sich um Formulararbeitsverträge.

Der Beteiligte hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Er hat vorgetragen, dass der Lohnbegriff des § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG zwar weit auszulegen sei und deshalb zum Lohn auch alle leistungs- und tätigkeitsbezogenen Vergütungsbestandteile (z. B. Provisionen, Erschwerniszulagen, Gratifikationen, Arbeitgeberdarlehen, und ähnliches) gehörten. Die fraglichen Beihilfen dienten jedoch ohne jeden Vergütungscharakter allein dem Ersatz von Aufwendungen. Im Übrigen sei dieser Mitbestimmungstatbestand auf das Aufstellen allgemeiner Regeln beschränkt, die die Technik bestimmten, nach der die Lohnfindung zu erfolgen habe. Er erstrecke sich aber nicht auf die Höhe des Lohns. Lohnhöhe und Lohnpolitik seien nicht Gegenstand der Mitbestimmung, sondern der Tarifpolitik. Die Entscheidung, neu einzustellenden Beschäftigten keinen Beihilfeanspruch mehr zu gewähren, betreffe allenfalls die Frage der Lohnhöhe. Der Antrag Nr. 2 sei schon zu unbestimmt. Im Übrigen sei die allenfalls mitbestimmungspflichtige Grundsatzentscheidung über die Anwendung der Arbeitsvertragsvordrucke bereits erhebliche Zeit vor Inkrafttreten des § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG erfolgt. Mit dem Hilfsantrag gehe es dem Antragsteller nicht um die Gestaltung des Arbeitsvertrages, sondern um die Verhinderung des Ausschlusses. Über die materiell-rechtlichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses im einzelnen habe der Antragsteller jedoch nicht mitzubestimmen.

Mit Beschluss vom 29.02.2000 hat das Verwaltungsgericht die Anträge abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Durch den grundsätzlichen Ausschluss der Beihilferegelung bei Abschluss neuer Arbeits- oder Ausbildungsverträge habe der Beteiligte das Beteiligungsrecht des Antragstellers aus § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG bei der Frage der Lohngestaltung nicht verletzt, da es sich hier bei der Gewährung einer Beihilfe im Krankheitsfall nicht um Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift handele. Zwar gehörten hierzu neben dem eigentlichen Entgelt für Arbeitsleistungen auch sämtliche vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, die auf Grund des Arbeitsverhältnisses erbracht würden und bei denen die Bemessung nach einem System erfolgten. Nicht dazu zählten jedoch einmalige Zahlungen als Ersatz für bestimmte Aufwendungen, wie z. B. Beihilfen sowie Reise- und Umzugskostenvergütung. Hierbei handele es sich nicht um Leistungen, die nach einem festgelegten System regelmäßig allen Arbeitnehmern gewährt würden, sondern lediglich um Aufwendungsersatz für bestimmte Auslagen. Darüber hinaus werde durch die Neuregelung auch nicht ein neues Lohnsystem oder etwas ähnliches eingeführt, sondern es werde eine Entscheidung über den Umfang der vom Arbeitgeber an einen bestimmten Arbeitnehmer zu erbringende Geldleistung getroffen. Durch die regelmäßige Verwendung einer bestimmten Nebenbestimmung in den Formulararbeitsverträgen werde auch kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG verletzt. Hinsichtlich der Verwendung von Formulararbeitsverträgen als solche folge dies bereits schon daraus, dass die Stadt Ulm diese bereits vor der Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes durch Gesetz vom 21.12.1995 (GBl. S. 879), durch das dieser Mitbestimmungstatbestand erstmals in das Gesetz eingefügt worden sei, eingeführt habe. Durch die regelmäßige Verwendung bestimmter Nebenabreden würden die bereits eingeführten Formulararbeitsverträge auch nicht nachträglich verändert. Diese würden entsprechend ihrer vorgesehenen Funktion an der dafür vorgesehenen Stelle lediglich ergänzt. Der Arbeitsvertrag werde erst durch das Ausfüllen des Vertragsformulars mit individuellen Angaben zu einem Arbeitsvertrag. Das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung erstrecke sich nur auf die Frage, welche Einzelangaben als solche in das Vertragsformular aufgenommen werden sollen, um damit z. B. die Umgehung einer Vereinbarung über den Inhalt von Personalfragebögen zu verhindern. Gegenstand der Mitbestimmung sei jedoch nicht der Inhalt des jeweiligen individuellen Arbeitsvertrages, das heißt die konkreten Vertragsbedingungen. Diese könnten nur zwischen den Vertragsparteien oder tarifvertraglich geregelt werden.

Gegen diesen ihm am 02.05.2000 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 29.05.2000 Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung am 26.07.2000 begründet.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) - vom 29.02.2000 - P 11 K 6/98 - zu ändern und 1. festzustellen, dass der Antragsteller bei der Einstellung von Angestellten und Angestelltenauszubildenden sowie bei der Einstellung von Arbeitern und Handwerkerauszubildenden bezüglich des Ausschlusses der Bewilligung von Beihilfen im Krankheitsfalle ein Mitbestimmungsrecht hat, sowie 2. festzustellen, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch die Verwendung von Formulararbeitsverträgen verletzt wird, hilfsweise festzustellen, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers durch die Änderung des Inhalts der Formulararbeitsverträge seit dem 01.04.1998 verletzt wird, in denen unter Ziff. 8 die neue Klausel enthalten ist: "Die Bestimmung des Tarifvertrages vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Angestellte sowie an Angestelltenlehrlinge und -anlernlinge finden auf dieses Arbeitsverhältnis keine Anwendung." bzw. "Die Bestimmungen des Tarifvertrages vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen an Arbeiter und Handwerkerlehrlinge finden auf das vorliegende Arbeitsverhältnis (bzw. Ausbildungsverhältnis) keine Anwendung".

Er macht geltend, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, der § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG entspreche, Lohn im Sinne dieser Bestimmung im weitesten Sinne begriffen werde. Es gehörten hierzu fast alle Geldleistungen und Geldwertleistungen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden könnten. Neben den unmittelbar leistungsbezogenen Entgelten gehörten hierzu insbesondere auch alle freiwilligen Leistungen und nur für bestimmte Situationen und für bestimmte Mitarbeiter anfallende Zahlungen. So sei etwa in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unstrittig, dass beispielsweise die Gewährung zinsgünstiger Darlehen zum Lohnbegriff gehöre. Auch hier seien regelmäßig die Höhe und die Rückzahlungsbedingungen völlig unabhängig von der individuellen Arbeitsleistung. Zwar sei in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte die Zahlung von Auslagen im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ausgeschlossen. Um Auslagenersatz handele es sich bei der Gewährung der Beihilfe jedoch nicht. Hier würden keine freiwilligen Vermögensopfer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses zur Durchführung der Arbeitsleistung erbracht. Richtig sei zwar der Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass kein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung bei der Höhe des Topfes bestehe, der für Auszahlungen an Arbeitnehmer bereitgestellt werde. Ein Mitbestimmungsrecht bestehe jedoch bei der Verteilung. Es könne insbesondere nicht außer Betracht bleiben, dass unterschiedlich verfahren werde, je nach dem zu welchem Zeitpunkt Mitarbeiter eingestellt würden, zumal da die Stadt Ulm nach Kündigung des Tarifvertrages zunächst auch an neu eingestellte Mitarbeiter Beihilfeleistungen im Nachwirkungszeitraum des Tarifvertrages erbracht und erst ab einem willkürlichen Stichtagszeitpunkt die Leistungen eingestellt habe. Auch bestehe ein Mitbestimmungsrecht aus § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG, wobei nicht entscheidend sein könne, dass die Stadt Ulm bereits vor Inkrafttreten der Vorschrift Formulararbeitsverträge verwendet habe. Der Verwender des Formblattes könne unter der Rubrik Nebenabrede auch nicht jede beliebige Nebenabrede unterbringen, die ansonsten dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats unterliegen würde. Werde - wie hier - die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt im weitesten Sinne betroffen, handele es sich um eine Hauptverpflichtung, die nicht unter die vorgesehene Rubrik Nebenabrede zu fassen sei. Um eine Regelung des Formulararbeitsvertrages handle es sich deswegen, weil es sich um eine vorformulierte und standardisierte Regelung handle, die grundsätzlich zur Anwendung kommen solle.

Der Beteiligte beantragte,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend noch vor: Selbst wenn man davon ausginge, dass die Gewährung von Beihilfe den personalvertretungsrechtlichen Lohnbegriff im Sinne von § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG erfülle, liege gleichwohl eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erstrecke sich die Mitbestimmung bei Fragen der Lohngestaltung nicht auf folgende Punkte: Ob der Arbeitgeber eine freiwillige Leistung gewähre, welche Zweckbestimmung der Arbeitgeber mit der Leistungsgewährung verfolge, welchen finanziellen Rahmen der Arbeitgeber zur Verfügung stelle und welchen Personenkreis er damit begünstige. Die Entscheidung des Beteiligten, an neu eingestellte Arbeitnehmer keine Beihilfe mehr zu gewähren, betreffe in jedem Fall die mitbestimmungsfreie Grundsatzentscheidung, ob überhaupt eine Leistung gewährt werden solle, und wenn ja, ab welchem Stichtag an welchen Personenkreis. Auch das Bundesverwaltungsgericht gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Mitbestimmungstatbestand der Lohngestaltung keinesfalls Fragen der Lohnhöhe und der Lohnpolitik umfasse. Nach dem insoweit vergleichbaren § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG beschränke er sich auf das Aufstellen von allgemeinen Regeln, die die Technik bestimmten, nach der die Lohnfindung zu erfolgen habe, und erstrecke sich nicht auf die Höhe des Lohns. Entgegen der Ansicht des Antragstellers beinhalte die streitige Maßnahme keine Frage der Verteilung. Er wolle keine eigenen Regeln für die Beihilfe aufstellen. Beabsichtigt sei lediglich eine Begrenzung des begünstigten Personenkreises. Der gewählte Stichtag sei auch nicht willkürlich. Die streitige Maßnahme unterliege auch nicht nach § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG der Mitbestimmung des Antragstellers, da ihm dieser Mitbestimmungstatbestand kein Recht zur Mitgestaltung des Arbeitsverhältnisses, das heißt der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, einräume. Die Einräumung einer Mitbestimmung würde dazu führen, dass die Dienststelle auch für neu eingetretene Beschäftigte Haushaltsmittel einstellen und vorsehen müsste, um die anfallenden Ansprüche auf Beihilfe erfüllen zu können. Damit würde die Personalvertretung in unzulässiger Weise in die Dotierung des Personalhaushalts der Dienststelle eingreifen. Insoweit sei die Situation und die Rechtslage vergleichbar mit derjenigen der Dotierung von Arbeitgeberleistungen im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG sowie von sog. Wohlfahrtseinrichtungen im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 6 LPVG. Nach der Rechtsprechung des Senats sei der Personalrat auch hier jedoch rechtlich nicht befugt, über die Mitbestimmung auf die Höhe der Leistungen Einfluss zu nehmen. Ferner solle nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen zum Mitbestimmungstatbestand der Eingruppierung dem Personalrat Gelegenheit gegeben werden, auf die Wahrung des Tarifgefüges innerhalb der Dienststelle und innerhalb des dort angewendeten Entgeltsystems zu achten. Nicht hingegen solle dem Personalrat die Möglichkeit eröffnet werden, auf den Inhalt des Arbeitsvertrages oder gar auf die Tarifgestaltung Einfluss zu nehmen. Derartige Zielsetzungen lägen offensichtlich außerhalb des Schutzzwecks der Mitbestimmung. Es sei nicht ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber bei Einführung des § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG von diesen Grundprinzipien habe abweichen wollen. Auch aus § 79 Abs. 2 LPVG ergebe sich, dass der üblicherweise tarifrechtlich geregelte Bereich der Beihilfegewährung grundsätzlich der Mitbestimmung entzogen sei. Das Verwaltungsgericht habe überdies zutreffend ausgeführt, dass die Aufnahme des Beihilfeausschlusses in der Rubrik "Nebenabrede" den Inhalt eines Formulararbeitsvertrages nicht verändern würde. Entgegen der Auffassung des Antragstellers liege hier eine Nebenabrede vor, weil nicht die Gegenleistung für eine Arbeitsleistung betroffen sei. Diese Nebenabrede sei nach § 4 Abs. 2 BAT der Schriftform unterworfen. Damit bestehe für den Beihilfeausschluss ein tarifvertragliches Schriftformerfordernis, dessen Einhaltung bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber wie der Stadt Ulm Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Gleichzeitig folge hieraus, dass ein etwaiges Mitbestimmungsrecht nach § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG in Bezug auf Nebenabreden wegen einer zwingenden Tarifvorschrift, hier des § 4 Abs. 2 BAT, verdrängt würde.

Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist nach § 86 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Baden-Württemberg (Landespersonalvertretungsgesetz - LPVG -) in der hier anzuwendenden Fassung vom 01.02.1996 (GBl. S. 205) mit nachfolgenden Änderungen i.V.m. § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere in der nach § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG vorgeschriebenen Form und nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG fristgerecht erhoben und begründet worden.

Die Beschwerde des Antragstellers ist jedoch nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässigen Feststellungsanträge mit Recht zurückgewiesen. Der Senat folgt der Begründung der angefochtenen Entscheidung, die er sich nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zu eigen macht, und sieht deshalb insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 86 Abs. 2 LPVG i.V.m. §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 543 Abs. 1 ZPO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend auszuführen:

Nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG hat der Personalrat, bzw. hier nach § 85 Abs. 8 LPVG der Gesamtpersonalrat, mitzubestimmen über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere durch Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden und deren Änderung sowie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte einschließlich der Geldfaktoren.

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.1998 - 6 P 6/97 - (BVerwGE 108, 135) ist das Mitbestimmungsrecht aus der § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG entsprechenden Vorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG als ein umfassendes Beteiligungsrecht in allen einer generellen Regelung zugänglichen Fragen der Lohngestaltung zu verstehen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich insoweit um formelle oder materielle Arbeitsbedingungen handelt. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich aber nicht auf die "Lohnhöhe", das heißt bei kollektiver Betrachtung nicht auf die Summe aller betroffenen Vergütungen, den sog. Dotierungsrahmen. Es besteht lediglich an abstrakt-generellen Regelungen, die als Verteilungsgrundsätze mittelbar auch die individuelle Lohnhöhe beeinflussen können. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht seine frühere, auch vom 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 27.05.1987, PersR 1988, 20; vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 13.12.1988 - 15 S 2576/88, ZBR 1990, 218; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.1996, PersR 1997, 535) geteilte Rechtsprechung zum eingeschränkten sachlichen Umfang des Mitbestimmungstatbestandes bei Fragen der Lohngestaltung insoweit aufgegeben und sich nunmehr ausdrücklich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen, soweit diese nicht nur zu der betriebsverfassungsrechtlichen Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, sondern auch zu § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG die begriffliche Unterscheidung von materiellen und formellen Arbeitsbedingungen aufgegeben hat (vgl. die Nachweise im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.1998, a.a.O.; vgl. auch BAG, Urteil vom 28.07.1998, BAGE 89, 279).

Ob dieser Rechtsprechung im Hinblick auf die bisher zur Beschränkung des sachlichen Umfangs dieses Mitbestimmungstatbestandes hervorgehobenen Unterschiede zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft, denen der Senat nach wie vor besondere Bedeutung zumisst, uneingeschränkt zu folgen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Auch unter Zugrundelegung dieser neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht hier ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG nicht, weil es sich bei der streitigen Regelung nicht um "Fragen der Lohngestaltung" in diesem Sinne handelt, auch wenn man entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Aufwendungsersatz darstellenden Beihilfezahlungen als "Lohn" im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG ansehen würde (vgl. aber auch BAG, Urteil vom 17.02.1993, AP Nr. 14 zu § 196 BGB; Urteil vom 15.07.1993, BAGE 73, 333, und Urteil vom 29.10.1998, NZA 1999, 944, wonach Beihilfeansprüche nicht der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB unterfallen, weil Beihilfeleistungen keine Gegenleistung für die vom Berechtigten erbrachten Dienstleistungen darstellten).

Die erforderliche abstrakt-generelle Regelung ist in der vom Beteiligten auszuführenden allgemeinen Entscheidung der Stadt Ulm vom Januar 1998 zu sehen, Angestellten, Arbeitern und Auszubildenden, die ab 01.04.1998 neu eingestellt werden, keinen Anspruch auf Beihilfe mehr zu gewähren. Insofern wurde zwar eine Maßnahme im Sinne des § 69 Abs. 1 LPVG getroffen, auch wenn sich die Maßnahme nicht auf die Arbeitsverhältnisse der bereits Beschäftigten bezieht. Denn das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG ist auch dann gegeben, wenn durch die beabsichtigte Maßnahme "Fragen der Lohngestaltung" für künftig einzustellende Beschäftigte geregelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.02.1988, PersV 1988, 440). Auch besteht nach Kündigung der Beihilfe-Tarifverträge aus dem Jahre 1964 eine die Mitbestimmung nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG ausschließende gesetzliche oder tarifliche Bestimmung insoweit nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.1998, a.a.O.).

Ein Mitbestimmungsrecht nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 LPVG steht dem Antragsteller jedoch jedenfalls deshalb nicht zu, weil es hier nicht um die Änderung der Verteilungsgrundsätze, sondern um die Lohnhöhe bzw. den Dotierungsrahmen geht.

Bei der entsprechend den Bestimmungen der Tarifverträge vom 01.11.1964 über die Bewilligung von Beihilfen zunächst weiterhin erfolgten Beihilfeleistungen handelte es sich nach der Kündigung dieser Beihilfetarifverträge außerhalb deren Nachwirkungen nach § 4 Abs. 5 TVG um freiwillige Leistungen, auf die individualrechtlich allenfalls nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Rechtsanspruch erwachsen konnte, solange diese Praxis der Beihilfegewährung allgemein fortbestand. Für nach dem 01.04.1998 neu eingestellte Arbeitnehmer besteht ein solcher Anspruch allerdings nicht mehr, da unstreitig mit allen ab dem 01.04.1998 neu eingestellten Arbeitnehmern die Anwendung der Beihilfetarifverträge arbeitsvertraglich ausgeschlossen wurde und wird (vgl. BAG, Urteil vom 25.05.1987, a.a.O.). Die vollständige Einstellung dieser freiwilligen Leistungen gegenüber allen ab einem bestimmten Stichtag neu eingestellten Arbeitnehmern stellt danach keine Änderung der Verteilungsgrundsätze gegenüber den bis zum 31.03.1998 eingestellten Arbeitnehmern dar, sondern betrifft die Höhe der Gesamtvergütung aller ab dem 01.04.1998 neu eingestellten Arbeitnehmer und damit insoweit den Dotierungsrahmen einer freiwilligen Leistung, dessen Umfang der Arbeitgeber ebenso wie den Zweck der Leistung und den begünstigten Personenkreis im übrigen frei bestimmen kann, ohne insoweit der Mitbestimmung des Personalrats zu unterliegen (vgl. BAGE 37, 206; 77, 86). Dieser mitbestimmungsfreie Entscheidungsbereich umfasst auch die Entscheidung, eine freiwillige Leistung ab einem bestimmten Zeitpunkt für einen von der früheren Regelung nicht erfassten Personenkreis nicht mehr vorzusehen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem Sachverhalt, wie er der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.1998 zugrunde lag, und ferner auch dadurch, dass dort die Einführung unterschiedlicher Vergütungsregelungen innerhalb einer Dienststelle anders als hier auch bestehende Arbeitsverhältnisse erfassen und durch Änderungskündigungen durchgesetzt werden sollte.

Das vom Antragsteller geltend gemachte Mitbestimmungsrecht aus § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG besteht ebenfalls nicht.

Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Inhalt und Verwendung von Formulararbeitsverträgen, wobei diese Mitbestimmungstatbestände erstmals durch das Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes vom 21.12.1995 (GBl. S. 879) eingefügt wurde. In Art. 4 Abs. 2 dieses Gesetzes ist bestimmt, dass die Vorschriften dieses Gesetzes erstmals auf die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eintretenden Beteiligungsfälle Anwendung finden.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die allgemeine Verwendung der als Formulararbeitsverträge anzusehenden streitigen Arbeitsverträge mit dem vor dem 1.4.1998 bestehenden Inhalt von den Mitbestimmungstatbeständen des § 79 Abs. 3 Nr. 6 LPVG nicht erfasst werden, da unstreitig in dieser Form auch schon vor Inkrafttreten dieser Vorschrift verfahren wurde. Es ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass der Inhalt dieser Formulararbeitsverträge ab dem 1.4.1998 nicht verändert wurde. Der "Inhalt" von Formulararbeitsverträgen i.S. dieser Vorschrift betrifft nur den abstrakten Inhalt der Arbeitsvertragsvordrucke, also etwa die Fragen, welche Rubriken sie enthalten sollen und welche persönliche Angaben danach vom jeweiligen Arbeitnehmer bei Abschluss des Arbeitsvertrages zu machen sind. Nicht davon erfasst werden hingegen die zu vereinbarenden konkreten Vertragsbedingungen, die der verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertragsfreiheit unterliegen, auch wenn einzelne Regelungen in jeden Arbeitsvertrag aufgenommen werden (vgl. auch Widmaier/Leuze/Wörz, Das Personalvertretungsrecht in Baden-Württemberg. § 79 LPVG Rn. 109; Rooschütz/Amend/Killinger, Landespersonalvertretungsgesetz für Baden-Württemberg, § 79 Rn. 22). Ob eine solche Nebenabrede individualrechtlich zulässig wäre, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 86 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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