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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 25.02.1999
Aktenzeichen: 2 BvR 1554/98
Rechtsgebiete: BVerfGG, VwGO


Vorschriften:

BVerfGG § 93 b
BVerfGG § 93 a
BVerfGG § 93 a Abs. 2 Buchstabe b
BVerfGG § 93 a Abs. 2
BVerfGG § 90 Abs. 1
BVerfGG § 93 d Abs. 1 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 5 Satz 3
VwGO § 80 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1554/98 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des Herrn S ...,

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Busch, Sohlstättenstraße 121, Ratingen-Tiefenbroich -

gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. August 1998 - 18 B 970/97 -

und

Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Broß und die Richterin Osterloh gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 25. Februar 1999 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ihr weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt noch ihre Annahme zur Entscheidung zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

1. Es kann dahinstehen, ob - wie der Beschwerdeführer rügt - das Oberverwaltungsgericht durch seine streng formalisierte Handhabung der Darlegungsanforderungen nach § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Zugang zu einer nach der Prozeßordnung eröffneten weiteren Instanz unzumutbar erschwert hat (vgl. dazu BVerfGE 78, 88 <99>; 88, 118 <124>; 96, 27 <39>). Es fehlt jedenfalls an der Annahmevoraussetzung des besonders schweren Nachteils, denn es ist schon jetzt deutlich absehbar, daß der Beschwerdeführer bei einer Aufhebung und Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis mit seinem Beschwerdezulassungsantrag gleichwohl keinen Erfolg haben würde (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

Die Rügen in der Antragsschrift zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung hat das Oberverwaltungsgericht mit seiner Schluß"anmerkung", wonach weder die Strafaussetzung zur Bewährung noch die vom Beschwerdeführer angeführten Ausweisungsfolgen zu einem Ausnahmefall führten und ein rechtsverbindlicher Verzicht auf die Ausweisung schon mangels Erklärung gegenüber dem Beschwerdeführer offensichtlich nicht vorliege, gleichsam beantwortet. Damit hat das Oberverwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, daß es diesbezüglich der Argumentation des Verwaltungsgerichts folge, mithin aus seiner Sicht insoweit keine ernsthaften Zweifel am angegriffenen Beschluß bestünden. Der Beschwerdeführer erhebt gegen diese - auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung und damit auf den Gegenstand des Hauptsacheverfahrens bezogenen - Erwägungen keine für die begehrte Beschwerdezulassung im Eilverfahren erheblichen verfassungsrechtlichen Rügen (vgl. dazu BVerfGE 77, 381 <401>; 86, 15 <22 f.>).

2. a) Zu der mit dem Zulassungsantrag auch aufgeworfenen Frage des besonderen öffentlichen Interesses am Sofortvollzug verhält sich der angegriffene Beschluß des Oberverwaltungsgerichts nicht. Insoweit ist auch nicht aus anderen Gründen schon jetzt deutlich absehbar, daß ein Beschwerdezulassungsantrag bei einer Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht in der Sache erfolglos bliebe. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war der Beschwerdeführer nämlich schon über zweieinhalb Jahre aus der Haft entlassen, so daß die Annahme einer Gefahr wiederholter Straffälligkeit bereits vor rechtskräftigem Abschluß der Hauptsache zur Begründung des von Verfassungs wegen erforderlichen besonderen öffentlichen Interesses am Sofortvollzug zumindest zweifelhaft geworden war (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 38, 52 <58>; 69, 220 <227 f.> und speziell zur Frage des sich durch Zeitablauf immer mehr verflüchtigenden besonderen öffentlichen Interesses am Sofortvollzug den Beschluß der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 -, DVBl 1995, S. 1297). Dies hätte das Oberverwaltungsgericht freilich nur dann berücksichtigen können, wenn nach seiner Auffassung nachträgliche Änderungen in der Sach- oder Rechtslage nicht über einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO beim Verwaltungsgericht geltend zu machen sind, sondern zu einer Beschwerdezulassung führen können (diese Frage wird unterschiedlich beantwortet, vgl. Kopp/Schenke, 11. Aufl., VwGO-Komm., § 80 Rn. 201 <zum Meinungsstreit> und 223).

b) Indessen ist gerade zur angesichts des Zeitablaufs entstandenen Problematik eines fortbestehenden besonderen öffentlichen Interesses am Sofortvollzug nicht ersichtlich, daß das Oberverwaltungsgericht insoweit die Anforderungen an die Darlegung eines Beschwerdezulassungsgrundes unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG überspannt hätte. Den zu dieser Frage im Zulassungsantrag enthaltenen Ausführungen ist nicht einmal im Ansatz zu entnehmen, welcher Zulassungsgrund insoweit geltend gemacht werden sollte.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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