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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.05.2002
Aktenzeichen: 5 U 170/01
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG § 1
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach denen dem Käufer eines fabrikneuen Ferrari bei Meidung einer Vertragsstrafe von DM 50.000 verboten wird, das Fahrzeug innerhalb von 12 Monaten nach Übergabe weiter zu veräußern, verstoßen gegen § 9 Abs.1, Abs.2 Nr.1 AGBG ( seit 1.1.2002 : § 307 BGB ).

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen können auch dann vorliegen, wenn ihr Text aus gespeicherten Textbausteinen zusammengefügt ist und die variierenden individuellen Angaben wie z.B. Namen und Anschriften der Kaufvertragsparteien und Bezeichnung des Fahrzeugtyps vor dem Ausdruck eingefügt werden.

3. Für die Frage, ob vorformulierte Vertragsbedingungen "gestellt" im Sinne von § 1 AGBG ( jetzt § 305 BGB ) oder individuell ausgehandelt worden sind, kommt es nicht darauf an, ob der Verwender Bedenken der anderen Vertragspartei gegen eine Klausel erkennen konnte oder nicht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 170/01

Verkündet am: 29. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch nach der am 22. Mai 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Kammer 15 für Handelssachen - vom 13.8.2001 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Beweisaufnahme zu tragen. Im übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von € 6000.- , welche auch durch eine unbedingte, unwiderrufliche und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines deutschen Kreditinstituts erbracht werden kann, abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von € 1000.- abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet .

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Vertragsstrafe.

Die Klägerin handelt mit Fahrzeugen der Marke Ferrari . Die Beklagte erwarb Anfang Januar 2001 einen Ferrari vom Typ F 360 Modena bei der Klägerin. Nachdem die Beklagte ihre Kaufabsicht mit Telefax vom 7.1.2001 bestätigt hatte ( Anlage B 1 ), wurde eine auf den 9.1.2001 datierte "Verbindliche Ferrari-Neuwagenbestellung" von der Klägerin ausgefertigt ( Anlage K 1 ), welche von dem Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet wurde. Ob dies am 9.1.2001 geschah, nachdem die Klägerin das Bestellformular dem im Urlaub befindlichen Geschäftsführer der Beklagten zugefaxt hatte - so der Vortrag der Klägerin - oder am 29.1.2001 in den Geschäftsräumen der Klägerin - so der Vortrag der Beklagten -, ist zwischen den Parteien streitig. Auf dem Bestellformular befindet sich der handschriftliche Eintrag "Leasing oder Finanzierung über Hausbank oder Haltefristerklärung obligatorisch. Mindestlaufzeit 12 Monate". Am 29.1.2001 unterzeichnete der Geschäftsführer der Beklagten eine "Vereinbarung für Fahrzeugkauf ohne Leasingoder Finanzierungsvertrag" ( Anlage K 2 ). Diese hat folgenden Wortlaut:

"Ich, C.W. ( Firma H. GmbH ) .... habe bei der Firma S. GmbH ....... das Fahrzeug Ferrari F360 Modena F 1 ..... zur eigenen Verwendung gekauft. Ich werde daher das Fahrzeug zugelassen auf meine Anschrift übernehmen und versichere, daß ich das Fahrzeug nicht weiterverkauft habe und auch vor Ablauf von 12 Monaten ab Übergabe nicht weiterverkaufe. Im Falle eines Verstoßes gegen die Verpflichtung werde ich an die Firma S. GmbH eine Vertragsstrafe von DM 50.000 zahlen. Für den Fall, daß ich aus wirtschaftlichen Gründen vor Ablauf von 12 Monaten, gerechnet ab dem Übergabedatum, mein Fahrzeug veräußern muß, übertrage ich dessen Vermarktung an die Firma S. . Die Firma S. wird einen maximalen Verkaufspreis für mich erzielen, wobei 5 % des Verkaufspreises als Vertriebsprovision der Firma S. zustehen. Im Falle eines Fahrzeugankaufs durch die Firma S. gilt als Preisbasis die zuvor genannte Regelung ; es sei denn, ich erkläre mich mit dem von der Firma S. genannten Ankaufspreis einverstanden." Am 6.2.2001 wurde der Ferrari zugelassen und der Beklagten übergeben. Nach Behauptung der Klägerin sah ihr Geschäftsführer bereits am 8.2.2001 den Ferrari auf einem Transporter einer Firma C. Leasing- und Handelsgesellschaft stehen. Die Klägerin forderte daraufhin unter dem 9.2.2001 die Beklagte zur Vorführung des Fahrzeugs bei ihr auf, da der Verdacht bestehe, dass der Ferrari unter Verstoß gegen die übernommene Halteverpflichtung weiterveräußert worden sei ( Anlage K 3 ). Mit Schreiben vom 27.2.2001 übersandte die Beklagte der Klägerin Kopien des KFZ-Briefs und -Scheins und wies im übrigen die Forderung der Klägerin zurück (Anlage K 4 ). Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin nunmehr die Vertragsstrafe von DM 50.000.-, da die Beklagte den Ferrari entgegen der übernommenen Verpflichtung sogleich weiterverkauft habe. Die Vereinbarung sei als Individualvereinbarung wirksam zustande gekommen. Es handele sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Text sei für den Vertrag mit der Beklagten ausgearbeitet worden. Die Klägerin sei von seiten der Importeurin eigentlich gehalten, Leasingverträge über die Fahrzeuge abzuschließen. Die Vereinbarung mit der Beklagten sei in dieser Form erstmalig verwandt worden und stelle den Versuch dar, den Kunden-, Vertriebs-, und Herstellerinteressen gleichermaßen gerecht zu werden.

Gleichlautende Vereinbarungen hätte sie mit anderen Kunden nicht getroffen.

Außerdem seien dem Geschäftsführer der Beklagten von dem Mitarbeiter P. der Klägerin die Hintergründe der Haltefristvereinbarung, nämlich die Verhinderung eines grauen Marktes, im einzelnen erläutert worden. Der Beklagten sei angeboten worden, das Fahrzeug zu leasen, zu finanzieren oder das rechtsgeschäftlich vereinbarte formularmäßige Veräußerungsverbot des Kaufvertrages um eine besondere Vereinbarung zu ergänzen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe Verständnis für das Anliegen der Klägerin gezeigt , sich gegen einen Leasingvertrag entschieden , den Erwerb zur eigenen Nutzung zugesagt und daraufhin die Zusatzvereinbarung vom 29.1.2001 ohne weitere Diskussionen unterschrieben ( Zeugnis P. ).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen , an die Klägerin DM 50.000 nebst Zinsen von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Weiterveräußerung des Ferrari in erster Instanz bestritten . Sie sei auch nicht passivlegitimiert, da sich ihr Geschäftsführer persönlich zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet habe. Im übrigen verstoße die Vereinbarung vom 29.1.2001 gegen § 9 AGBG und sei somit unwirksam.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsprotokolle vom 30.4. und 2.7.2001 Bezug genommen.

Das Landgericht hat über die erstinstanzlich streitige Frage der Weiterveräußerung Beweis erhoben durch Vernehmung des Geschäftsführers B. der Firma C. Leasing und Handels GmbH. Dieser hat ausgesagt, dass der Geschäftsführer der Beklagten das Fahrzeug zunächst bei ihm abgestellt und dann ca Anfang Juni 2001 an ihn verkauft hätte, weil er "die Schnauze davon voll" hätte.

Das Landgericht hat die Beklagte daraufhin antragsgemäß verurteilt, da sie entgegen der übernommenen Verpflichtung den Ferrari innerhalb von 12 Monaten weiterverkauft habe. Selbst wenn die Vereinbarung vom 29.1.2001 als AGB zu qualifizieren sei, bestünden gegen ihre Wirksamkeit keine Bedenken.

Gegen das der Beklagten am 15.8.2001 zugestellte Urteil hat sie am 15.9.2001 Berufung eingelegt, welche sie - nach entsprechender Fristverlängerung - am 12.11. 2001 begründet hat.

Sie macht im wesentlichen geltend :

Sie fechte ihre in der Vereinbarung vom 29.1.2001 abgegebene Erklärung gemäß § 123 BGB an. Ihr Geschäftsführer habe nur unterzeichnet, weil der Mitarbeiter P. ihm gedroht hätte, den Ferrari sonst nicht herauszugeben. Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht die Passivlegitimation der Beklagten bejaht.

Schließlich sei die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG entgegen der Meinung des Landgerichts unwirksam.

Die Beklagte beantragt,

wie erkannt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie trägt im wesentlichen vor:

Eine Drohung sei nicht erfolgt. Der Geschäftsführer der Beklagten sei nur über die Notwendigkeit der Vereinbarung vor Vertragsschluss belehrt worden. Die Vereinbarung sei eine Individualvereinbarung. Bei Durchsicht ihrer Unterlagen sei die Klägerin auf keine Haltefristvereinbarung gestoßen , die mit der vorliegenden identisch sei. Eine Vereinbarung mit einem Neuwagenkunden vom 23.8.2001 ( Anlage BG 1 ) weiche im Inhalt und in der Formulierung ab. Außerdem setze eine Qualifikation der Vereinbarung als AGB voraus, dass sie bei Abschluss des Kaufvertrages geschlossen werde. Dies sei hier nicht der Fall, denn die Parteien hätten sich schon am 7.1.2001 über den Fahrzeugkauf geeinigt.

Zudem hätte die Klägerin der Beklagten die Bedingungen nicht "gestellt" im Sinne des AGB-Gesetzes. Denn der Zeuge P. habe den Geschäftsführer der Beklagten im einzelnen aufgeklärt und dieser habe nach dem eigenen Vortrag der Beklagten erst nach sorgsamer Abwägung die Vereinbarung unterschrieben. Zu keinem Zeitpunkt habe der Geschäftsführer der Beklagten Bedenken gegen die Vereinbarung geäußert, etwa dass ihm die Dauer der Haltefrist zu lang oder die Vertragsstrafe zu hoch sei oder dass er an anderen Regelungen Anstoß nehme. Die Klägerin hätte, wenn der Geschäftsführer der Beklagten Bedenken geäußert hätte, über die einzelnen Regelungsgegenstände mit sich reden lassen, solange nur durch andere Abreden die Pflichten der Klägerin als Vertragshändlerin von Ferrari Deutschland gewahrt geblieben wären.

Die Vereinbarung vom 29.1.2001 verstoße auch nicht gegen das AGB-Gesetz, sondern stehe mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang. Schließlich verhalte sich die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich jetzt auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufe, obwohl ihr Geschäftsführer sie nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bereits bei der Unterzeichnung nicht für wirksam gehalten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann trotz der mittlerweile unstreitig gewordenen Weiterveräußerung des Ferrari durch die Beklagte die vereinbarte Vertragsstrafe nicht verlangen.

I. Zutreffend hat das Landgericht allerdings festgestellt, dass nicht nur der Kaufvertrag über den Ferrari - das ist unstreitig -, sondern auch die streitgegenständliche Vereinbarung vom 29.01.2001 mit dem strafbewehrten Veräußerungsverbot zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits getroffen worden ist und nicht mit dem Geschäftsführer der Beklagten persönlich. Auf die sprachliche Fassung in der Ich-Form kommt es nicht entscheidend an. Durch den Klammerzusatz mit dem Firmennamen der Beklagten in Verbindung mit der Tatsache, dass die Beklagte die Käuferin des Ferrari war, konnte die Zusatzvereinbarung nach Treu und Glauben und ihrem für alle Beteiligten erkennbaren Sinn nur so verstanden werden, dass die Beklagte als Käuferin und nicht ihr Geschäftsführer verpflichtet werden sollte (§§ 133, 157 BGB). Denn ein Schutz vor Verfügungen des Geschäftsführers der Beklagten lag ersichtlich nicht im Interesse der Klägerin, sondern der Schutz vor Verfügungen der Fahrzeugerwerberin, also der Beklagten.

II. Das vereinbarte strafbewehrte Veräußerungsverbot ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam (seit 01.01.2002: § 307 BGB). Die Regelungen in der sogenannten Haltefristvereinbarung vom 29.01.2001 sind entgegen der Auffassung der Klägerin rechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGBG zu qualifizieren. Das AGBG findet in seiner bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung, da das Schuldverhältnis zwischen den Parteien vor dem 01.01.2002 entstanden ist (Art. 229 § 5 EGBGB).

1. Gemäß § 1 AGBG sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im einzelnen ausgehandelt sind.

a) Nach ihrer äußeren Form ist der Vereinbarung vom 29.01.2001 allerdings nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass es sich bei den darin enthaltenen Regelungen um Bedingungen handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Denn es handelt sich um einen einzigen zusammenhängenden Fließtext mit individuellen Angaben wie Namen und Anschrift der Kaufvertragsparteien und Bezeichnung des Fahrzeugtyps. Diese Aufmachung führt jedoch nicht von vornherein dazu, das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verneinen. Vielmehr müssen die fortentwickelten Möglichkeiten der modernen Technik berücksichtigt werden. Auf Grund des üblich gewordenen Gebrauchs von Computern in Unternehmen ist es durchaus typisch, dass Formulare nicht ein einziges Mal mit freibleibendem Text vorformuliert und dann x-fach kopiert werden, sondern in einer Computerdatei als Textbaustein gespeichert werden. Die variierenden persönlichen Angaben können dann vor dem Ausdruck eingefügt werden. Die Vorformulierung als Textbaustein ist auch anerkannt eine solche im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 1 Rdnr. 12). Dass hier tatsächlich so verfahren worden ist, zeigt auch der Vergleich zwischen den beiden Haltefristvereinbarungen Anlagen K 2 und BG 1, die nicht nur in der Formulierung, sondern in Layout, Schrifttypus, Schriftgrösse, Zeilenabstand und Absatzbreite übereinstimmen.

b) Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, wenn der Verwender schon bei ihrer erstmaligen Einbeziehung beabsichtigt, sie auch voraussichtlichen künftigen Verträgen gleicher Art mit anderen Kunden zu Grunde zu legen (Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 1 Rdnr. 24). Die Behauptung der Klägerin, sie habe die Haltefristvereinbarung in der vorliegenden Form erstmalig mit der Beklagten getroffen, schließt also die Annahme von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht aus.

Da die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag gegenüber ihrer Lieferantin, der Ferrari Deutschland GmbH, zum Abschluss von Haltefristvereinbarungen mit solchen Kunden verpflichtet ist, die einen Ferrari aus eigenen Mitteln kaufen und nicht finanzieren lassen oder leasen wollen, besteht bei ihr ein gleichbleibendes Regelungsinteresse, das für eine Standardisierung derartiger Vereinbarungen spricht. Dies begründet bereits die Vermutung für Allgemeine Geschäftsbedingungen (Ulmer a.a.O.). Darüber hinaus ist die Regelung durch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit, aus wirtschaftlichen Gründen schon vor Ablauf der zwölf Monate das Fahrzeug über die Klägerin veräußern zu lassen, recht lang und kompliziert geraten. Hier ist ersichtlich der Versuch gemacht worden - wie die Klägerin auch selbst vorträgt -, eine juristisch vertretbare Abmilderung des zwölfmonatigen Veräußerungsverbots und eine interessengerechte Lösung zu finden. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass die Klägerin als KFZ-Händlerin derartige Überlegungen bei jedem Ferrari-Käufer erneut anstellt oder anzustellen beabsichtigt und hierfür immer wieder andere Formulierungen entwickelt.

Schließlich hat die Klägerin im Berufungsverfahren eine Haltefristvereinbarung von August 2001 vorgelegt, welche sie mit einem anderen Kunden getroffen hat (Anl. BG 1). Diese ist bis auf die Höhe der Vertragsstrafe mit der streitgegenständlichen Vereinbarung identisch. Auf diese Abweichung kommt es jedoch nicht an; entscheidend ist, dass die Kernelemente, nämlich:

- zwölfmonatiges Veräußerungsverbot,

- Ausnahme aus wirtschaftlichen Gründen mit provisionspflichtiger Vermarktung über die Klägerin und

- Vertragsstrafebewehrung übereinstimmen; auch dies entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW 98, 2006, 2601).

Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel mehr daran, dass die Regelungen in der Vereinbarung vom 29.01.2001 im Sinne von § 1 AGBG für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die rechtliche Einordnung der Haltefristvereinbarung nicht darauf an, ob der Kaufvertrag über den Ferrari schon vor dem 29.01.2001 zu Stande gekommen ist. Es ist anerkannt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch nachträglich in den Vertrag einbezogen werden können (Palandt-Heinrichs, 60. Aufl., AGBG, § 2 Rdnr. 19 m.w.N.).

d) Schließlich ist die Haltefristvereinbarung auch unter Zugrundelegung des Klägervortrags nicht ausgehandelt worden im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte die reale Möglichkeit gehabt hätte, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Soweit der Beklagten die Wahl zwischen Kauf aus eigenen Mitteln, Finanzierung und Leasing gelassen wurde, liegt ein Aushandeln bezüglich der hier in Rede stehenden Haltefristvereinbarung nicht vor, denn dies bezog sich auf die Rechtsform des Geschäfts als Ganzes, nicht die Vertragsbedingungen innerhalb des Kaufgeschäfts.

Allerdings kann ein Aushandeln auch dann vorliegen, wenn der vorformulierte Text gründlich mit dem Vertragspartner erörtert wird und dieser sodann - von der Notwendigkeit überzeugt - den Text unverändert akzeptiert. Ein solches Geschehen behauptet die Klägerin. Auch bei einem so gelagerten Sachverhalt wäre aber weitere Voraussetzung, dass die Klägerin grundsätzlich zu einer Abänderung der Klausel bereit und dass dies der Beklagten als Vertragspartei bewusst gewesen wäre (BGH NJW 98, 2600, 2601). Der "gesetzesfremde Kerngehalt" hätte ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Vertragspartner eine reale Einflussmöglichkeit gewährt werden müssen (BGH NJW 2000, 1110, 1111). Zwar behauptet die Klägerin nunmehr in ihrem letzten Schriftsatz, dass sie über die einzelnen Regelungen mit sich hätte reden lassen, wenn die Beklagte Bedenken geäußert hätte. Dies reicht aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht aus, da zwischen dem Zeugen P. und dem Geschäftsführer der Beklagten über alternative Regelungen innerhalb der Haltefristvereinbarung, auf der die Klägerin grundsätzlich bestand, nicht gesprochen worden ist. So konnte der Beklagten eine etwaige Bereitschaft der Klägerin, über die Einzelheiten mit sich reden zu lassen, auch nicht bewusst sein.

Unerheblich ist, ob die Klägerin Veranlassung hatte, eine solche Bereitschaft zu signalisieren, wenn - wie sie vorträgt - die Beklagte mit der vorformulierten Haltefristvereinbarung voll und ganz einverstanden war. Für die Frage, ob vorformulierte Vertragsbedingungen gestellt oder ausgehandelt worden sind, kommt es nur auf den tatsächlichen Ablauf bei der Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an und nicht darauf, ob die Klägerin etwaige Bedenken ihres Vertragspartners erkennen konnte.

2. Das strafbewehrte Veräußerungsverbot in der Haltefristvereinbarung vom 29.01.2001 verstößt gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG, da der Fahrzeugkäufer durch die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird.

Betroffen sind hier die freie Verfügungsbefugnis und der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Zwar ist nicht jede in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene zeitweilige Beschränkung freier Vertragsabschlüsse unwirksam (z. B. Alleinauftrag an einen Makler).

Verfügungsunterlassungsverträge widersprechen aber dem verkehrstypischen Leitbild des Kaufvertrages, der auf unbeschränkte Rechtsverschaffung gerichtet ist. Derartige Verträge sind deshalb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AGBG grundsätzlich unwirksam, sofern nicht besondere berechtigte Interessen des Verwenders eine Ausnahme rechtfertigen (Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 9 Rdnr. V 2).

Der BGH hat aufgrund eines derartigen berechtigten Interesses eine Weiterverkaufsklausel in Geschäftsbedingungen eines Autohändlers nicht als eine von vornherein unangemessene Beschränkung angesehen, da das KFZ typischerweise zum eigenen Gebrauch und nicht zur Weiterveräußerung erworben werde (BGH NJW 81, 117, 119; NJW 82, 178, 180). Der BGH hat die Frage der Unangemessenheit danach geprüft, ob der KFZ-Händler mit der entsprechenden Formulierung der Klausel nur seine eigenen Interessen im Auge hat und keine hinreichende Rücksicht auf diejenigen des Vertragspartners nimmt. Er hat zunächst mehrere schützenswerte Interessen des KFZ-Händlers festgestellt: den Schutz von erlaubten Vertriebsbindungen bzw. des damit verbundenen Vertriebssystems zur Verhinderung eines "grauen Marktes" (Weiterveräußerung fabrikneuer Autos gegen höhere als die Lieferpreise) und die Verhinderung längerer Lieferzeiten durch spekulative Vorratsbestellungen sowie die zeitliche und finanzielle Gleichbehandlung aller Kunden. Diesen Interessen stünde kein schwerwiegendes Interesse der Käufer gegenüber, der das KFZ typischerweise zum eigenen Gebrauch erwerbe.

Dazu ist für den vorliegenden Fall folgendes zu sagen: Heute wie damals bestehen - auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten - keine rechtlichen Bedenken gegen das Vertriebshändlersystem; das folgt unter anderem aus der noch in Kraft befindlichen Regelung in der einschlägigen GVO Nr. 1475/95. Die vom BGH angeführten schützenswerten Verkäuferinteressen sind im vorliegenden Fall auch nicht deshalb bedeutungslos, weil sie im konkreten Fall bei Veräußerung an die Beklagte möglicherweise teilweise nicht vorgelegen haben, da gerade eine Ungleichbehandlung der Kunden erfolgt sein könnte, wie die Beklagte meint. Zum einen besteht weiterhin für die Klägerin das gleichfalls anerkannte Interesse, einen "grauen Markt" zu verhindern, zum anderen kommt es bei der AGB-Prüfung nicht auf den Einzelfall, sondern die typischerweise auftretende Situation an.

Zu berücksichtigen ist aber für die Wirksamkeitsprüfung, dass in den Fällen, die der BGH zu entscheiden hatte, eine andere Klausel als die vorliegende verwendet wurde: In dem einen Fall ging es um eine Klausel, die eine Veräußerung eines fabrikneuen, unzugelassenen Fahrzeugs an einen Wiederverkäufer ("Personen oder Firmen, die gewerbsmäßig oder gelegentlich Kraftfahrzeuge verkaufen") verbot (BGH NJW 81, 117). In dem anderen Fall ging es um das Verbot, das Fahrzeug vor Erhalt nicht weiter zu verkaufen (BGH NJW 82, 178).

Bei diesen Klauseln mag die Ablehnung einer unangemessenen Benachteiligung gerechtfertigt sein, weil in der Tat kein nennens- und schützenswertes Interesse des Käufers besteht, das Fahrzeug vor Erhalt weiter zu verkaufen oder an einen Wiederverkäufer zu veräußern. Ein Fahrzeug wird grundsätzlich nicht zum Weiterverkauf, sondern zum - zumindest vorübergehenden - eigenen Gebrauch erworben. Dies gilt auch für gewerbliche Kunden, sofern sie - wie die Beklagte - nicht zum KFZ-Handel gehören.

Im vorliegenden Fall wird aber der Beklagten ein Weiterverkauf innerhalb eines Jahres an jedermann - auch in gebrauchtem Zustand - verboten. Diese Klausel berücksichtigt nicht, dass zwar nicht vor Erhalt des Fahrzeug, aber sehr wohl innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb ein Interesse des Käufers bestehen kann, das Fahrzeug aus den unterschiedlichsten Gründen zu veräußern. Im Gegensatz zu den vom BGH entschiedenen Fällen ist hier somit ein schützenswertes Interesse gegeben. Es leuchtet nicht ein, dass man ein KFZ, das man nach zum Beispiel einem halben Jahr und 10.000 gefahrenen Kilometern - also nicht mehr neuwertig - verkaufen möchte, nur über den Händler veräußern können soll, und dies auch wiederum nur "aus wirtschaftlichen Gründen". Das muss selbst dann gelten, wenn es sich wie hier um ein seltenes Fahrzeug handelt, das möglicherweise in geringerem Umfang genutzt wird als andere Fahrzeuge. Zwar besteht die Gefahr eines "grauen Marktes", aber dies betrifft nur den Handel mit fabrikneuen Fahrzeugen und nicht den Gebrauchtwagenmarkt. Das Interesse an gebrauchten Ferraris ist nicht mit dem an neuwertigen identisch; dafür besteht ein anderer Markt. Auch das OLG Köln hat die Haltedauervereinbarung von einem Jahr für unzulässig erklärt (NJW-RR 93, 824, 825). Das Urteil gibt aber dennoch für die Beurteilung der zulässigen Länge der Haltedauer nichts her. Denn das Gericht hat sich dabei nicht auf die einjährige Bindung gestützt ("mag trotz der relativ langfristigen Bindung des Käufers noch unbedenklich sein......"), sondern die Unwirksamkeit auf die schematische Berechnung des Rückkaufpreises (1 % Nutzungsentschädigung pro gefahrene 1000 Kilometer) mit der Gefahr des Unterwertverkaufs gestützt.

Im vorliegenden Fall wird aber das dem Verkäuferinteresse gegenüberstehende schützenswerte Interesse des Käufers am Weiterverkauf seines gebrauchten Fahrzeugs auch nicht ausreichend durch die Regelung kompensiert, dass die Veräußerung zum "maximalen Verkaufspreis" durch die Vermarktung der Klägerin oder den Ankauf durch die Klägerin ermöglicht wird. Zwar wurde mit dieser flexiblen Regelung gerade dem hauptsächlichen Unwirksamkeitsargument des OLG Köln Rechnung getragen, bei einer pauschalierten Vereinbarung sei der Gegenbeweis eines höheren Zeitwertes nicht möglich, so dass der Kunde eventuell keinen angemessenen Gegenwert erhalte (bei dem Urteil des OLG Köln ging es ebenfalls um einen Ferrari). Zwar wird der KFZHändler - schon um das Ansehen zu wahren - das Fahrzeug nicht zu einem "Schleuderpreis" verkaufen, so dass von einem angemessenen Gegenwert ausgegangen werden könnte. Allerdings begibt sich der Käufer mit der vorliegenden Vereinbarung letztlich doch in die Hände der Klägerin, die sich nicht um den Verkauf zu einem höchstmöglichen Preis bemühen muss, den der Käufer eventuell erzielen könnte. Der Käufer erlangt zudem auch bei Rückveräußerung schon deswegen nicht den "maximalen Verkaufspreis", da die Provision abgezogen wird. Gerade auch die Vereinbarung der 5 %igen Provision führt zu einer unangemessenen Benachteiligung, da auf diese Weise der Kunde, der schon durch die Haltefrist und die Vermarktung durch den Händler eingeschränkt ist, noch einmal durch einen Preisabschlag benachteiligt wird und der Händler, der bereits die Neuwagenprovision erhalten hat, über Gebühr bevorteilt wird. So erhält der Kunde letztlich doch nicht den tatsächlichen Gegenwert, den er auf dem freien Markt erhalten würde.

Hinzu kommt, dass eine Weiterveräußerung vor Ablauf von zwölf Monaten nur "aus wirtschaftlichen Gründen" gestattet ist. Auch für diese Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Käufers, welche dem gesetzlichen Leitbild der freien Verfügungsbefugnis des Käufers über die bezahlte Ware widerspricht, ist kein schützenswertes Interesse der Klägerin erkennbar. Privatkunden mögen persönliche Gründe, gewerbliche Kunden wie die Beklagte die unterschiedlichsten sonstigen Gründe haben, sich von einem Luxuswagen wieder zu trennen (z. B. Wechsel der Geschäftsführung, der Außendarstellung des Unternehmens, Umstrukturierung des Fuhrparks, allgemeine organisatorische oder technische Gründe). Diese können ebenso gewichtig sein wie wirtschaftliche Gründe. Es benachteiligt den Fahrzeugkäufer unangemessen, hierüber dem Verkäufer Rechenschaft abgeben zu müssen und notfalls sogar über die Verkaufsberechtigung einen Rechtsstreit führen zu müssen, um der vereinbarten Vertragsstrafe zu entgehen.

III. Da die Klägerin die begehrte Vertragssprache bereits wegen der Unwirksamkeit der Haltefristvereinbarung vom 29.01.2001 nicht verlangen kann, kommt es auf die in zweiter Instanz erklärte Anfechtung der Beklagten nicht mehr an.

Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO. Dies gilt jedoch nicht für die Kosten der Beweisaufnahme in erster Instanz. Diese Kosten sind dadurch entstanden, dass die Beklagte die mittlerweile unstreitige Weiterveräußerung des Ferrari zunächst bestritten hat. Gemäß § 96 ZPO können die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.

Es spricht einiges dafür, dass die Beklagte entgegen ihrer Behauptung den Ferrari sofort nach dem Erwerb bei der Klägerin weiter veräußert hat und ihre Rechtsverteidigung insoweit von vornherein unbegründet war. Sie hat in der Klagerwiderung die Veräußerung zwar "vorsorglich" bestritten, zu den von der Klägerin vorgetragenen Indizien für eine Veräußerung an die Firma C. Leasing und Handelsgesellschaft - Umstände der Fahrzeugübergabe am 06.02.2001, Fax-Kennung der Firma C. auf den mit Schreiben der Beklagten vom 27.02.2001 übersandten Kopien des KFZ-Briefs und -Scheins, Einräumung der Veräußerung bei einem zufälligen Zusammentreffen des Geschäftsführers der Beklagten mit dem Zeugen P. Ende April 2001 - jedoch nicht Stellung genommen. Auch hat sie in der Verhandlung vor dem Landgericht am 02.07.2001 nur den KFZ-Brief, nicht den KFZSchein vorgelegt, der für den Betrieb des Fahrzeugs unerlässlich ist und mitgeführt werden muß.

Selbst wenn aber das Fahrzeug erst im Laufe des Rechtsstreits veräußert und übergeben worden sein sollte, nämlich Anfang Juni 2001, wie der Zeuge B. ausgesagt hat, hätten die Kosten der Beweisaufnahme, die für das Ergebnis des Rechtsstreits keine Rolle gespielt hat, vermieden werden können. Denn dann wäre es weder zu dem Beweisbeschluss vom 11.06.2001 noch zu einer Vernehmung des Zeugen B. gekommen. Stattdessen hat der Geschäftsführer der Beklagten noch am 02.07.2001 vor dem Landgericht zu Protokoll gegeben, dass die Beklagte im Besitz des Ferrari sei.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand keiner der Gründe des § 543 ZPO, die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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