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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.03.2006
Aktenzeichen: 4 W 797/05
Rechtsgebiete: StVZO, UWG


Vorschriften:

StVZO § 29
StVZO § 47a
UWG § 3
UWG § 5 Abs. 1
UWG § 5 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 4 W 797/05

Verkündet am 21. März 2006

wegen: Unterlassung

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Wünsch und die Richterinnen am Oberlandesgericht Harsdorf-Gebhardt und Dr. Kerber auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

I. 1. Auf die Berufung des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Bad Kreuznach vom 7. Dezember 2005 abgeändert und der Antragsgegnerin aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich mit dem Hinweis "amtliche Prüfplakette" unter der bildlichen Darstellung von Prüfplaketten hoheitliche Leistungen nach der Straßenverkehrszulassungsordnung zu bewerben, sofern eine Anerkennung der Antragsgegnerin als amtlich anerkannte Überwachungsorganisation durch die zuständige Behörde nicht vorliegt oder nicht deutlich sichtbar darauf hingewiesen wird, dass die hoheitlichen Leistungen nach der Straßenverkehrszulassungsordnung durch oder im Namen und zur Rechnung einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation erbracht werden.

2. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall zukünftiger Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, angedroht

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Antragsteller zu 30 %, die Antragsgegnerin zu 70 % zu tragen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin, der Inhaberin eines Kfz-Meisterbetriebes, u.a. zu untersagen, für die Erteilung amtlicher Prüfplaketten zu werben, ohne darauf hinzuweisen, dass diese Leistung durch eine amtlich anerkannte Überwachungsorganisation erbracht werde.

In der Ausgabe des Wochenspiegels vom 09. November 2005 warb die Antragsgegnerin mit einer Anzeige für Leistungen, die in ihrem Kfz-Meisterbetrieb erbracht werden.

In dieser Anzeige ist neben der Werbung für Neu- und Gebrauchtwagen, Kfz-Reparaturen und Inspektionen auch der Hinweis "amtliche Prüfplakette" sowie die bildliche Darstellung der HU- und AU-Plaketten enthalten. Damit bewirbt die Antragsgegnerin die Durchführung von Kfz-Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO sowie von Kfz-Abgasuntersuchungen. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich jedoch nicht um eine zur Erbringung dieser hoheitlichen Leistungen durch die zuständige Behörde anerkannte Überwachungsorganisation. Tatsächlich erbringt die Antragsgegnerin diese Leistungen auch nicht selbst. Vielmehr werden diese Untersuchungen in ihrem Betrieb durch den TÜV-Rheinland e.V. bzw. die DEKRA durchgeführt.

Mit Schreiben vom 16. November 2005 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, durch die beanstandete Maßnahme verstoße die Antragsgegnerin gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 1 i.V.m. § 3 UWG.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2005 hat das Landgericht Bad Kreuznach den Antrag des Antragstellers auf Verurteilung zur Unterlassung der beanstandeten Werbung (1 a) sowie es zu unterlassen, die solchermaßen beworbenen Leistungen nach der Straßenverkehrszulassungsordnung zu erbringen (1 b), zurückgewiesen. Die beanstandete Werbung sei nicht geeignet, das Publikum irre zu führen, da dem durchschnittlich informierten und verständigen Autofahrer bzw. Eigentümer eines PKW bekannt sei, dass Plaketten für Hauptuntersuchungen und Abgasuntersuchungen nur von den dazu amtlich zugelassenen Unternehmen vergeben werden dürften.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und unter Heranziehung einschlägiger Rechtsprechung weiter vertieft.

Nach Rechtsmittelrücknahme hinsichtlich des Antrags zu 1. b) beantragt der Antragsteller, den Beschluss des Landgerichts vom 7. Dezember 2005 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben,

1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich mit dem Hinweis "amtliche Prüfplakette" und der bildlichen Darstellung von Prüfplaketten hoheitliche Leistungen nach der Straßenverkehrszulassungsordnung zu bewerben, sofern eine Anerkennung der Antragsgegnerin als amtlich anerkannte Überwachungsorganisation durch die zuständige Behörde nicht vorliege oder nicht deutlich sichtbar darauf hingewiesen werde, dass die hoheitlichen Leistungen nach der Straßenverkehrszulassungsordnung durch oder im Namen und für Rechnung einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation erbracht würden,

2. der Antragsgegnerin für jeden Fall zukünftiger Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld und/ oder Ordnungshaft bis zum gesetzlichen Höchstmaß, anzudrohen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung darf ihre Anzeige nicht isoliert betrachtet werden, bei ihrer Bewertung müsse vielmehr die Einbindung in den Rahmen einer Anzeigenaktion mehrerer Firmen unter dem einheitlichen Motto: "Plakette fällig? Lassen Sie Ihren PKW vom Fachmann technisch überprüfen durch DEKRA, KÜS oder TÜV" berücksichtigt werden. Der Gesamtzusammenhang der einzelnen Anzeigen werde durch die graphische Gestaltung der Seite deutlich, bei der das Motto quasi als Überschrift fungiere, die den folgenden Block der einzelnen Anzeigen zusammenfasse, der durch die Worte "Ihre Experten" abgeschlossen werde. Hervorgehoben sei der Gesamtzusammenhang auch durch die einheitliche Farbgebung, da der Hintergrund, die Überschriften über den einzelnen Anzeigen und Anzeigenblöcken sowie die Balken am Beginn und Ende der Seite in Grün gehalten seien. Blickfang sei der Block im Kopf der Gesamtanzeige, der allein 20 % der Seite ausmache. Der Leser bemerke sofort, dass es um die Vergabe der amtlichen Prüfplakette durch DEKRA, KÜS oder TÜV in den Werkstätten gehe. Zudem werde der Verbraucher auch nicht über Betriebsverhältnisse getäuscht, da dem Kunden egal sei, welche Überwachungsorganisation die Prüfplaketten vergebe. Ohne Bedeutung sei für den Kunden auch, ob es sich bei der Werkstatt um eine amtlich anerkannte Prüfstelle handele.

Bedenken ergäben sich zudem hinsichtlich des Verfügungsgrundes, da der Antragsteller allein gegen die Antragsgegnerin, nicht aber gegen andere Teilnehmer der Anzeigenaktion ein Verfahren führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die als Berufung zu behandelnde sofortige Beschwerde des Antragstellers hat nach Rücknahme des Rechtsmittels bezüglich der landgerichtlichen Entscheidung über den Antrag zu 1 b) Erfolg.

Die Werbung der Antragsgegnerin ist irreführend im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Die Antragsgegnerin wirbt in ihrer Anzeige u.a. mit den Worten "amtliche Prüfplakette" sowie den Abbildungen der amtlichen Prüfplaketten. Damit entsteht, anders als vom Landgericht angenommen, für den geschäftlichen Verkehr entgegen den tatsächlichen Verhältnissen der Eindruck, die Plaketten für Haupt- und Abgasuntersuchung würden von der Antragsgegnerin selbst bzw. ihren Mitarbeitern vergeben.

Nach § 47 a StVZO darf die Abgasuntersuchung auch von anerkannten Kraftfahrzeugwerkstätten durchgeführt werden. Ohne entsprechenden Hinweis wird demnach auch derjenige Verbraucher, dem bekannt ist, dass amtliche Prüfplaketten nur von anerkannten Unternehmen vergeben werden dürfen, davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin ein solches Unternehmen betreibt.

Dies gilt auch hinsichtlich der Durchführung der Hauptuntersuchung. Zwar mag der durchschnittlich informierte und verständige Autofahrer bzw. Eigentümer eines Pkw darüber informiert sein, dass die Hauptuntersuchung nach der gesetzlichen Regelung üblicherweise von amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen wie dem TÜV vorgenommen wird. Welche Organisationen im Einzelnen zu diesen anerkannten Überwachungsorganisationen zählen, wird ihm im Hinblick auf den in den letzten Jahren ständig größer werdenden Kreis der Anbieter von Hauptuntersuchungen hingegen nicht geläufig sein. Berücksichtigt man darüber hinaus die vielfältigen Regelungsänderungen der letzten Zeit, insbesondere auch die oben erwähnte Ausgestaltung der Untersuchung nach § 47a StVZO, so ist davon auszugehen, dass der Verbraucher nicht ausschließen wird, dass Hauptuntersuchungen auch von - möglicherweise amtlich anerkannten - Kraftfahrzeugwerkstätten durchgeführt werden. Die Anzeige der Antragsgegnerin wird er daher zu Unrecht dahingehend interpretieren, dass die beworbene Vergabe von Prüfplaketten auch für die Hauptuntersuchung von Mitarbeitern der Kraftfahrzeugwerkstatt der Antragsgegnerin vorgenommen wird.

Ohne Erfolg bleibt insoweit der Einwand der Antragsgegnerin, eine Täuschung des Publikums sei nicht gegeben, da dem Verbraucher gleichgültig sei, wer ihm die Prüfplakette erteile. Denn wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Sicherheit des Straßenverkehrs assoziiert der Verbraucher die Durchführung der Hauptuntersuchung mit besonderer Sachkenntnis des Durchführenden. Dieses Vertrauen des Verbrauchers nimmt die Antragstellerin mit ihrer Werbung für die Vergabe "amtlicher Prüfplaketten" zu Unrecht in Anspruch und überträgt es mit den in ihrer Anzeige weiter enthaltenen Hinweisen auf "Neu- und Gebrauchtwagen, Kfz-.Reparaturen/Inspektionen, Reifen-Service" auf ihre sonstigen Tätigkeitsgebiete.

Schließlich wird dem Eindruck, die Antragsgegnerin führe die amtlichen Untersuchungen selbst durch, auch nicht dadurch in hinreichendem Maße entgegengewirkt, dass sich die Anzeige der Antragsgegnerin innerhalb eines Anzeigenblocks befindet, über dem in einem weiteren, die Breite von anderthalb Anzeigen einnehmenden, Block zu lesen ist: "Plakette fällig? Lassen Sie Ihren PKW vom Fachmann technisch überprüfen durch DEKRA, KÜS oder TÜV".

Insoweit ist bereits aufgrund der Anordnung der "Überschrift", die sich unter einem Foto befindet, das etwa doppelt so hoch und breit ist wie sie selbst, zweifelhaft, ob der flüchtig lesende Verbraucher die Aussage überhaupt als Überschrift empfindet. Dies gilt umso mehr, als das erwähnte Foto sich nicht nur über der Aussage befindet, sondern diese aufgrund seiner Größe in den Hintergrund treten lässt. Soweit die Antragsgegnerin als Argument für die blickfangartige Wirkung der "Überschrift" ins Feld führt, diese nehme "20 %" der Anzeigenseite ein, hat sie ersichtlich die Einheit von Foto und Text im Blick, auf die unter diesen Umständen jedoch nicht abgestellt werden kann. Es kommt hinzu, dass zwar die Frage "Plakette fällig?" in großen Buchstaben kontrastreich weiß auf schwarzem Hintergrund wiedergegeben ist, der darunter befindliche Hinweis "Lassen Sie Ihren PKW vom Fachmann technisch überprüfen durch DEKRA, KÜS oder TÜV" demgegenüber jedoch stark zurücktritt, da die Buchstabengröße hier nur ein Viertel der für die Worte "Plakette fällig?" verwandten Buchstaben ausmacht und der Kontrast der weißen Buchstaben auf grauem Grund wesentlich geringer ausfällt.

Bei Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte kann die "Überschrift" auch im Zusammenspiel mit der einheitlichen Farbgebung der Anzeigenseite die hinreichende Aufklärung des Verbrauchers über die die Untersuchungen durchführende Organisation in der Anzeige selbst nicht ersetzen.

Gegen das Vorliegen eines Verfügungsgrundes spricht entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht der Umstand, dass der Antragsteller ein Verfahren nur gegen die Antragsgegnerin, nicht aber gegen andere Teilnehmer der Anzeigenaktion führt. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist nicht davon abhängig, dass der Betroffene Verfahren gegen sämtliche Wettbewerber führt, die wettbewerbswidrig gehandelt haben könnten.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92, 516 Abs. 3 ZPO.

Der Streitwert wird bis zum 7. März 2006 auf 7.500 € festgesetzt, danach auf 5.000 €. Der Senat hat den Wert des zurückgenommenen Antrags mit - nur - 2.500 € bemessen, da aus den Ausführungen des Antragstellers ersichtlich ist, dass der Schwerpunkt seines Interesses auf dem Unterlassungsantrag hinsichtlich derr beanstandeten Werbung liegt.

Ende der Entscheidung

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