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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 08.08.2006
Aktenzeichen: 4 St RR 135/06
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 263
StGB § 315b
StGB § 22
StGB § 25 Abs. 1
1. Hat der Angeklagte bereits Klage auf Wandlung eines Vertrages über den Kauf eines Pkws erhoben und übergibt er dem vom Gericht mit der Feststellung der Mängel beauftragten Sachverständigen das Fahrzeug, nachdem er zuvor einen Mangel an der Bremsanlage selbst bewirkt hat, so kann darin bereits ein versuchter (Prozess-)Betrug liegen.

2. Die rechtliche Bewertung eines Vermögensvorteils ist nicht durch das ansonsten unerlaubte Verhalten des Täters beeinflusst. Beim Beweismittelbetrug fehlt es daher an der Rechtswidrigkeit der Bereicherung, wenn das Resultat der wahren Rechtslage entspricht.

3. Bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit liegen im Grenzbereich eng beieinander. Für den Nachweis bedingten Vorsatzes bei einem Vergehen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr kann insbesondere an die vom Täter erkannte objektive Größe und Nähe der Gefahr angeknüpft werden. Auch bei einem freisprechenden Urteil ist der Tatrichter deshalb verpflichtet, eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände vorzunehmen, die Rückschlüsse auf den bedingten Vorsatz des Angeklagten zulassen.

4. Auch wenn der versuchte (Prozess-)Betrug tateinheitlich mit dem Versuch des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zusammenfällt, kommt die Qualifikation des Ermöglichens einer Straftat gemäß § 315 Abs. 3 Nr. 1b 1. Alternative in Betracht.

5. Hat der Angeklagte den Tatvorwurf bestritten, kann das Revisionsgericht bei Aufhebung der freisprechenden Entscheidung des Berufungsgerichts nicht selbst über den Schuldspruch befinden; vielmehr muss die Sache unter Aufhebung auch der bisherigen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.


Gründe:

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Betrugs in Tatmehrheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Außerdem zog es den Führerschein ein, entzog dem Angeklagten die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist für die Wiedererteilung von 14 Monaten.

Auf die Berufung des Angeklagten hob das Landgericht diese Entscheidung auf und sprach den Angeklagten frei. Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der Angeklagte im Jahre 2002 einen Pkw zu einem Gesamtpreis von 38.550 Euro. In der Folgezeit machte er eine Reihe von Mängeln geltend und verlangte die Zurücknahme des Fahrzeugs. Da es zu keiner Einigung mit dem Verkäufer kam, erhob der Angeklagte am 21.7.2003 Klage auf Zahlung von 36.331 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht Kempten (Allgäu) erließ einen Beweisbeschluss auf Erholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln. U.a. sollte sich der Sachverständige zur Behauptung des Angeklagten äußern, das elektrische Steuerungssystem "ABS/ESP" des Fahrzeugs sei defekt. Der Sachverständige vereinbarte mit dem Angeklagten einen Besichtigungstermin für den 27.5.2004. Da der Angeklagte befürchtete, dass die vom Sachverständigen festzustellenden Mängel sein Wandlungsbegehren noch nicht rechtfertigten, beschloss er, in das Fahrzeug einen weiteren "Mangel" einzubauen. Er lockerte daher mit einem Schraubenschlüssel die Verschraubung der Bremsleitung zur rechten hinteren Radbremse an der Hydraulik-Steuereinheit (ABS-Block) um ca. 15 Grad.

Diese Manipulation hatte, wie von dem sachkundigen Angeklagten vorhergesehen, zur Folge, dass nunmehr beim nächsten Betätigen der Bremse an der gelockerten Verbindung durch den sich aufbauenden Bremsdruck Bremsflüssigkeit austreten würde, mit der Folge, dass der Bremsdruck durch die Hydraulikflüssigkeit zunächst nicht in vollem Umfang auf die Räder übertragen werden kann. Erst beim weiteren Durchtreten des Bremspedals in Richtung Bodenblech kommt der aus Sicherheitsgründen vorhandene 2. Bremskreis zur Wirkung.

Der Sachverständige kam am 27.5.2004 zur vereinbarten Probefahrt. Er fuhr das Fahrzeug von einem Vorhof auf die öffentliche Straße und näherte sich nach ca. 100 Metern einer auf Rot stehenden Ampel. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nur eine geringe Geschwindigkeit erreicht, bremste das Fahrzeug ab, bemerkte dabei, dass sich das Bremspedal bis nahezu zum Boden durchtreten ließ, konnte jedoch das Fahrzeug mit dem vorhandenen 2. Bremskreis problemlos ohne Gefährdung zum Stillstand bringen.

Das Landgericht hielt trotz dieses festgestellten Sachverhalts eine Strafbarkeit des Angeklagten aus Rechtsgründen für nicht gegeben. Der Versuch eines Betruges sei über ein Vorbereitungsstadium nicht hinausgekommen, für eine Strafbarkeit wegen eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr fehle es an einem entsprechenden (bedingten) Vorsatz des Angeklagten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts und ist insbesondere der Auffassung, nach den getroffenen Feststellungen habe sich der Angeklagte sowohl eines versuchten Betruges als auch eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig gemacht. Außerdem seien die Voraussetzungen des § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 b StGB erfüllt, da der Angeklagte gehandelt habe, um eine weitere Straftat zu ermöglichen.

II.

Die gemäß § 333 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision, § 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO ist begründet.

1. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges verneint, weil der Angeklagte den von ihm verursachten "Mangel" bisher prozessual noch nicht geltend gemacht habe. Das Versuchsstadium sei deshalb noch nicht erreicht. Diese Begründung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Indem der Angeklagte den angeblichen Mangel herstellte und dem Sachverständigen das Fahrzeug unter Hinweis auf mögliche Mängel im Bremsbereich übergab, bediente er sich des Sachverständigen als eines undolosen Werkzeugs und handelte selbst als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1, 2. Alternative StGB). In Fällen der mittelbaren Täterschaft beginnt der Versuch der Tat, wenn der mittelbare Täter aus seiner Sicht das zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat, indem er die erforderliche Einwirkung auf den Tatmittler abgeschlossen und das Geschehen aus der Hand gegeben hat und wenn darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt aus seiner Sicht das betroffene Rechtsgut bereits unmittelbar konkret gefährdet ist (Schönke/Schröder/Eser StGB 27. Aufl. § 22 Rn. 54/54a; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 22 Rn. 24 - beide mit zahlreichen Nachweisen). Für eine unmittelbare Gefährdung des geschützten Rechtsgutes ist maßgeblich, dass der Tatmittler im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Einwirkung durch den mittelbaren Täter nach dessen Erwartungen die Tathandlung begehen wird (BGHSt 30, 363/365; 40, 257/269; 43, 177/180; BGH StV 2001, 272/273).

Der vorliegende Fall ist vergleichbar mit demjenigen, in dem ein (gutgläubiger) Rechtsanwalt zur Durchsetzung rechtlicher Ansprüche unter Vorlage einer gefälschten Urkunde beauftragt wird (vgl. hierzu Tröndle/Fischer § 22 Rn. 26). Hier sollte der Sachverständige den Mangel in sein Gutachten aufnehmen, das er dem Gericht gegenüber zu erstatten hatte. Damit sollte die Täuschung des Gerichts bewirkt werden. Nachdem der Sachverständige bereits die Begutachtung unmittelbar nach der Übergabe des Fahrzeugs am 27.5.2004 durchführen sollte, war auch aus der Sicht des Angeklagten mit einer alsbaldigen Gutachtenerstattung zu rechnen.

Dass der Angeklagte sich bisher auf diesen Mangel nicht berufen hat, ändert nichts daran, dass schon jetzt die Täuschung des Gerichts bevorstand. Inwieweit ein bereits eingereichtes Täuschungsmittel zivilrechtlich als wirksam angesehen werden kann, ist für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Täuschungshandlung ohne Belang. Allein entscheidend ist, ob mit der Übersendung des Gutachtens bei dem entscheidenden Richter bereits eine irrtümliche Vorstellung bezüglich des Sachverhalts begründet werden sollte (vgl. BayObLGSt 1995, 36/43 = NJW 1996, 406/408). Im vorliegenden Fall ist insoweit auch zu berücksichtigen, dass die Klage auf Wandlung bereits erhoben und damit die Berufung auf einen neuen schwerwiegenden Mangel durch den ebenfalls nach Übersendung des Gutachtens getäuschten Rechtsanwalt nach dem Tatplan eine Selbstverständlichkeit war. Insoweit besteht eine weitere Vergleichbarkeit zu dem Fall des unmittelbaren Einsatzes eines getäuschten Anwalts zur Geltendmachung unberechtigter Forderungen.

b) Das Landgericht hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - die Frage unerörtert gelassen, ob die Manipulation eines Beweismittels zur Durchsetzung eines wirklich oder vermeintlich bestehenden Anspruchs überhaupt den Betrugstatbestand erfüllen kann. Die Frage ist mit der - soweit ersichtlich - ganz herrschenden Meinung zu verneinen. Die rechtliche Bewertung eines Vermögensvorteils ist nicht durch das ansonsten unerlaubte Verhalten des Täters beeinflusst. Beim Beweismittelbetrug fehlt es daher an der Rechtswidrigkeit der Bereicherung, wenn das Resultat der wahren Rechtslage entspricht (vgl. BGHSt 3, 160/162; NK-StGB-Kindhäuser 2. Aufl. § 263 Rn. 373 mit zahlreichen Nachweisen).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es an einer Versuchsstrafbarkeit fehlte, wenn der Angeklagte nach seiner Vorstellung einen ihm zustehenden Anspruch (auf Wandlung) durchsetzen wollte. Versuchter Betrug kommt demgegenüber in Betracht, wenn der Angeklagte davon ausging, dass ihm ein Recht auf Wandlung möglicherweise nicht zustand, er also insoweit mit bedingtem Vorsatz handelte (vgl. Tröndle/Fischer § 263 Rn. 112a m.w.N.).

2. Der rechtlichen Überprüfung hält das Urteil auch nicht stand, soweit das Landgericht eine Strafbarkeit wegen versuchter Gefährdung des Straßenverkehrs verneint hat.

Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten angenommen, dass er "nicht mehr beabsichtigt hat, als eingetreten ist". Das Gericht war überzeugt, dass der Angeklagte aufgrund seiner beruflichen Erfahrung in der Fertigung von ABS-Systemen wusste, dass ein "lediglich mit zwei Rädern bremsendes Fahrzeug zwar bei einer Bremsung aus hohen Geschwindigkeiten einen ganz erheblich verlängerten Bremsweg hat, bei Fahrten im niedrigen Geschwindigkeitsbereich, wie in der Stadt üblich, jedoch problemlos bis zum Stillstand abgebremst werden kann".

Grundsätzlich ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters; das Revisionsgericht kann nicht eine eigene Bewertung der in der tatrichterlichen Hauptverhandlung erhobenen Beweisergebnisse vornehmen. Eingriffe durch das Revisionsgericht sind vielmehr nur dann zulässig und geboten, wenn die Beweiswürdigung des Tatrichters fehlerhaft ist und das Urteil darauf beruht (BGH NStZ-RR 2006, 82/83). Die Darstellung der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die wesentlichen Gesichtspunkte enthalten, auf welche der Tatrichter seine Überzeugung gestützt hat. Sie darf insbesondere nicht in sich widersprüchlich sein, keine Verstöße gegen Denkgesetze enthalten und nahe liegende abweichende Möglichkeiten der Beweiswürdigung erkennbar außer Betracht lassen (BGH aaO).

Für ein freisprechendes Urteil gilt, dass die Anforderungen an eine umfassende Würdigung der festgestellten Tatsachen nicht geringer sind als im Falle der Verurteilung (BGH NStZ 2002, 446). Die Begründung eines Freispruchs muss also so abgefasst sein, dass bei einer Revision geprüft werden kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt ist (BGH wistra 91, 63). Hierbei muss der Tatrichter im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (BGH aaO).

Gemessen an diesen Grundsätzen hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Nach der ständigen Rechsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit handelt ein Täter vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fern liegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willens wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein; bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft - nicht nur vage - darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten. Da diese beiden Schuldformen im Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissenselement als auch das Willenselement, in jedem Einzelfall besonders geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Insbesondere die Würdigung zum voluntativen Vorsatzelement muss sich mit den Feststellungen des Urteils zur Persönlichkeit des Täters auseinandersetzen und auch die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände mit in Betracht ziehen. Geboten ist somit eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände. Für den Nachweis bedingten Vorsatzes kann insbesondere "an die vom Täter erkannte objektive Größe und Nähe der Gefahr" angeknüpft werden (BGHSt 36, 1/9 f.).

Zutreffend ist zunächst, dass das Landgericht eine objektive Gefährdung nicht angenommen hat. Allein die Teilnahme am Straßenverkehr reicht hierfür nach der neueren gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus (vgl. BGH NJW 1996, 329/330). Zu einer Verkehrssituation, die die Annahme einer konkreten Gefahr rechtfertigt, ist es nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht gekommen.

Der Bundesgerichtshof hat allerdings in Fällen der Manipulation der Bremsen eines Pkw in der Regel einen versuchten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr angenommen, soweit mit dem Fahrzeug eine Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr erfolgt ist (vgl. BGH NZV 1989, 119; NJW 1996, 329/330). Es liegt auf der Hand, dass eine nur eingeschränkt funktionstaugliche Bremsanlage eine erhebliche Gefahrenquelle für mögliche Unfälle im Straßenverkehr begründet. Das alleinige Abstellen auf den Umstand, dass es noch möglich ist, das Fahrzeug mit dem verbleibenden Rest an Bremskraft "zum Stillstand" zu bringen, vernachlässigt mögliche gefährliche Verkehrssituationen und stellt einseitig auf den konkreten Geschehensablauf ab, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Sachverständige nach ca. 100 Metern vor einer Ampel das Fahrzeug zum Halten bringen konnte. Wie sich die mangelhafte Bremsleistung bei plötzlich auftretenden Verkehrssituationen, etwa einem in die Straße laufenden Kind, auswirken würde, stellt das Landgericht nicht fest. Die Annahme, bei Geschwindigkeiten, wie sie im Stadtverkehr gefahren werden, könne das Fahrzeug "problemlos" abgebremst werden, ist schon im Hinblick auf die Tatsache fraglich, dass der Sachverständige im Anschluss an die Feststellung des Bremsdefekts mit geringer Geschwindigkeit bis zu einer nahe gelegenen Tankstelle gefahren ist. Wie die Verkehrsverhältnisse im konkreten Fall waren, ob es sich insbesondere um eine stark frequentierte Straße handelte, mit deren Befahren durch den Sachverständigen der Angeklagte rechnen musste, ist ebenso wenig festgestellt, wie die Frage, ob die Straße sogleich oder nach der ersten Ampelanlage geradeaus verlief, abschüssig war und in welchem Umfang mit dem Queren durch Fußgänger oder sonstigem Verkehr zu rechnen war.

Dass die nur eingeschränkt zur Verfügung stehende Bremsleistung im Stadtverkehr grundsätzlich ungeeignet war, eine konkrete Gefahrensituation herbeizuführen, erscheint dem Senat zumindest sehr fraglich und wäre näher zu begründen gewesen.

Insgesamt fehlt es an einer Gesamtschau der objektiven und subjektiven Tatumstände, die Rückschlüsse auf den (bedingten) Vorsatz des Angeklagten zulassen.

3. Das Landgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht geprüft, ob ein Fall des § 315 Abs. 3 Nr. 1b i.V.m. § 315 Abs. 3 StGB im Hinblick auf die auch vom Landgericht angenommene beabsichtigte Täuschung des Gerichts in Betracht kommt. Auch wenn man davon ausgeht, dass bereits mit der Übergabe des manipulierten Fahrzeugs an den Sachverständigen ein versuchter Betrug anzunehmen ist, der in Tateinheit mit dem versuchten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr steht, kommt eine Anwendung dieser Bestimmung in Betracht. Zwar hat der Bundesgerichtshof (NZV 1995, 285) eine Anwendung dieser Bestimmungen in einem Fall verneint, in dem der Eingriff in den Straßenverkehr zugleich die strafbare Handlung konstituierte; es reicht aber aus, dass der Eingriff Mittel der weiteren Straftat ist, mit dieser also nicht vollständig zusammenfällt ( vgl. LR-König StGB 11. Aufl. § 315 Rn. 116). Voraussetzung ist allerdings, dass ein zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils bejaht werden kann.

III.

Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben. Der Senat kann weder die Schuld selbst feststellen noch die Feststellungen aufrecht erhalten, nachdem der Angeklagte wegen des Freispruchs keine Möglichkeit hatte, gegen die Feststellung, dass er die von ihm bestrittene Manipulation vorgenommen hat, mit einem eigenen Rechtsmittel vorzugehen (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 354 Rn. 23).

Das Urteil war daher in vollem Umfang aufzuheben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu), die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat, zurückzuverweisen.



Ende der Entscheidung

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